Scaphosepalum pulvinare – Einzelblüte
(Foto: Thomas Jacob)
Der deutsche Botaniker Ernst Hugo Heinrich PFITZER begründete die Gattung Scaphosepalum im Jahr 1888 in “Die Natürlichen Pflanzenfamilien“. Der Name setzt sich aus dem griechischen Wort skaphís (= kleines Schiff, Wanne) und dem lateinischen Wort sepalum (= Kelchblatt) zusammen und bezieht sich auf die konkaven vereinigten Sepalen.
Die Erstbeschreibung unserer Art durch H. G. REICHENBACH erfolgte 1880 als Masdevallia pulvinaris Rchb. f. in Gardeners’ Chronicle. Im Jahr 1890 ‒ also zwei Jahre nach Begründung der Gattung Scaphosepalum ‒ wurde sie von Robert Allen ROLFE in diese Gattung überführt. Der Artname pulvinaris leitet sich vom lateinischen pulvinus = Kissen ab. Da die lateralen Sepalen von Scaphosepalum pulvinare kissenartig anmuten, ist der Name hier also Programm.
Heimisch ist Scaphosepalum pulvinare im kolumbianischen Regierungsbezirk Antioquia und in Ecuador. Dort findet man die epiphytisch wachsende Art in Höhenlagen um 1500 Meter bei gemäßigtem Tropenklima, das für fast frühlingshafte Temperaturen und viel Wind sorgt. Das Laub seiner immergrünen Wirtsbäume schützt Scaphosepalum pulvinare vor direkter Sonneneinstrahlung. Niederschläge gibt es das ganze Jahr hindurch. Zwar nehmen die Regenmengen im Winter deutlich ab, die stets sehr hohe Luftfeuchtigkeit sorgt aber dafür, dass das Habitat niemals austrocknet.
Habitus von Scaphosepalum pulvinare
(Foto: Thomas Jacob)
Scaphosepalum pulvinare – Seitenansicht der Blüte
(Foto: Thomas Jacob)
Die klein bleibende Art bildet dünne, ca. 3 cm lange Stiele, auf denen jeweils ein einzelnes Blatt sitzt. Das Laub ist dunkelgrün, ca. 5 cm lang und sehr fest. Am Triebansatz entstehen die Infloreszenzen, die revolverartig eine Blüte nach der anderen entwickeln. Jeder Blütentrieb kann mehrere Jahre hindurch blühen und dadurch sehr lang werden. Hauptblütezeit ist im Winter und Frühjahr. Die dunkelroten Blüten öffnen sich nicht vollständig und bilden kleine »Höhlen«, die wie der Schlund eines Mini-Monsters aussehen. Die Blüten duften nicht.
Ich kultiviere meine Scaphosepalen getopft in mineralischem Substrat, meist Lavagranulat in der Körnung 2-8 mm. Auch aufgebunden ist natürlich möglich, dann sollte auf hohe Luftfeuchtigkeit geachtet werden, z. B. in einer Orchideenvitrine, damit die feinen Wurzeln nicht austrocknen. Da die Pflanzen keine Speicherorgane wie Pseudobulben besitzen, dürfen die Wurzeln auch niemals dauerhaft abtrocknen. Der Topf steht das ganze Jahr über in einem mit Wasser gefüllten Untersetzer. Der mineralische Pflanzstoff saugt sich somit immer gleichmäßig feucht und trocknet nicht aus. Zwischen den einzelnen Substratteilchen entstehen kleine Lufträume, die eine gute Belüftung der Wurzeln gewährleisten. Der größte Vorteil von mineralischem Substrat ist, dass sich die Bestandteile nicht zersetzen, was bei Rinde oder Moos in Verbindung mit Dauerfeuchtigkeit oft schnell passiert. Umgetopft werden muss also erst, wenn der Topf zu klein wird. Bei Pflanzen, die in organischem Substrat getopft waren, hatte ich mit gelegentlichem Tauchen keinen Erfolg, weshalb ich inzwischen alle Pleurothallidinae auf mineralisches Substrat umgestellt habe.
Das Gießwasser, mit dem ich den Untersetzer auffülle, hat einen Leitwert von ca. 150 µS/cm. Von März bis in den frühen Herbst wird 1-2 Mal im Monat mit auf etwa 300 µS/cm eingestelltem Wasser gedüngt. Gelegentlich wird der Topf mit klarem Wasser durchgespült, um ein Versalzen des Pflanzstoffes zu verhindern. Tut man das nicht, reichern sich im Laufe der Zeit zu viele Salze (Düngerreste) im Topf an, die dann die feinen Wurzeln beschädigen könnten. Im Winter dünge ich nicht. Scaphosepalum pulvinare steht ganzjährig im kühlen Treppenhaus an einem Fenster, das nach Norden ausgerichtet ist. Hier bleibt es während der heißen Tage am kühlsten und die schattigen Lichtverhältnisse scheinen ihm zu genügen. Die nächtlichen Temperaturen fallen dort im Winter auf ca. 8-10 °C ab – je nach Außentemperatur. Während ich im Sommer sehr darauf achte, dass die Blätter vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt sind, darf in den Wintermonaten von November bis Mitte Februar das Sonnenlicht ungehindert auf die Pflanze fallen – besonders oft scheint die Sonne im Winter ja ohnehin nicht. Ab Ende Februar/Anfang März wird die Sonnenstrahlung allerdings schon wieder so stark, dass es schnell zu Verbrennungen auf den Blättern kommen kann. Diese Verbrennungen sind dauerhaft und lassen sich nicht behandeln. Deshalb muss zwingend ab Mitte Februar schattiert werden, wenn die Pflanze nicht an einem Nordfenster steht.
Die ungewöhnliche Form der Blüten von Scaphosepalum pulvinare mit ihrer dunklen Farbe zieht alle Blicke auf sich. Viel Erfolg beim Kultivieren!
Blick in die Blüte von Scaphosepalum pulvinare
(Foto: Thomas Jacob)