Psychopsis papilio – Einzelblüte
(Foto: Thomas Jacob)
Der Name Psychopsis leitet sich zum einen vom altgriechischen Wort psyché (ψυχή) ab, das mit Atem, Hauch, Leben oder Seele übersetzt werden kann. Da im antiken Volksglauben ein Schmetterling als Abbild der Seele von Verstorbenen angesehen wurde, kann man psyché auch mit Schmetterling übersetzen. Die Endung -opsis (όψις), die ebenfalls aus dem Altgriechischen stammt, lässt sich mit Aussehen, Mode oder Aspekt übersetzen. Der Artname papilio stammt aus dem Lateinischen und bedeutet ebenfalls Schmetterling. Psychopsis papilio ist also ein schmetterlingsähnlicher Schmetterling. Ursprünglich wurde die Art als Oncidium papilio beschrieben, was heute als Synonym gilt.
Das Verbreitungsgebiet von Psychopsis papilio erstreckt sich über das tropische Südamerika bis Trinidad. Die Art wächst dort epiphytisch in Regenwäldern in Höhenlagen von 400 – 1 200 m. Sie liebt starke Luftzirkulation, hohe Luftfeuchtigkeit und Wärme. In den tieferen, trockeneren Bereichen der Küstenwälder ist sie nicht anzutreffen. Ihre Standorte sind halbschattig bis lichtdurchflutet, gelegentlich sogar sonnig für die meiste Zeit des Tages.
Auf den rundlichen Pseudobulben von Psychopsis papilio sitzt jeweils ein ca. 25 cm langes und 6 – 7 cm breites Blatt, das etwas spitz zuläuft, leicht gekielt und matt ist. Das Laub ist dunkelgrün mit einer feinen rötlichen Zeichnung auf der Ober- wie auch auf der Unterseite. Am Grunde der Pseudobulbe entspringt die Infloreszenz, die bis zu 120 cm lang werden kann und über viele Jahre hinweg blüht. Manchmal pausieren die Blütentriebe für eine kurze Zeit, bevor wieder eine neue Knospe entsteht. Oft wird diese aber schon gebildet, während die aktuelle Blüte noch im Saft steht. Meistens ist nur eine einzelne Blüte geöffnet. Solange die Blütentriebe nicht eintrocknen, sollten sie nicht abgeschnitten werden, da sie, auch wenn die Spitze schon eingetrocknet ist, jederzeit Seitentriebe an ruhenden Nodien entwickeln können, um dort noch einmal für Monate oder Jahre zu blühen. Eine wirklich einmalige und faszinierende Eigenschaft. Die Blüten haben keinen Duft. Sie sind rot-gelb gefärbt und bis zu 15 cm hoch (!). Je wärmer und heller die Kultur, desto größer werden sie.
Habitus von Psychopsis papilio mit ca. 70 cm langer Infloreszenz
(Foto: Thomas Jacob)
Das Laub von Psychopsis papilio weist eine feine rote Musterung auf. Im Topf ist das mineralische Substrat gut zu erkennen.
(Foto: Thomas Jacob)
Die Pflege von Psychopsis papilio ist recht unkompliziert, wenn man ganzjährig für hohe Temperaturen sorgen kann. Wärme ist hier das A und O. Besonders an den Wurzeln reagieren die Pflanzen empfindlich, wenn diese zu kalt oder mit zu kaltem Wasser gegossen werden. Dann sterben sie ab. Im Winter also nicht auf ein kaltes Stein- oder Marmorfensterbrett stellen, auch wenn darunter eine Heizung läuft. Das lässt sich ganz leicht testen. Einfach mal abends die Hand auf ein Fensterbrett aus Stein oder Marmor legen, es ist richtig eisig. Psychopsis papilio steht daher bei mir auf dem Holztisch in meiner Orchideengalerie, in der es ohnehin sehr warm wird. An sonnigen Wintertagen herrschen dort ganz schnell über 30 °C, da sich auf der Südseite eine durchgehende Glasfront befindet, die bei Sonnenschein den ganzen Raum aufheizt. Auch vom beheizten Wohnzimmer darunter steigt die Heizungsluft natürlich nach oben und sammelt sich dort, weswegen das Thermometer auch an bewölkten Wintertagen mindestens 25 °C zeigt. Nachts kühlt es auf 18 – 20 °C ab, je nach Außentemperatur. Kühler als diese 18 °C sollte es auf Dauer nicht werden. Psychopsis mag es wirklich heiß. Im Sommer wird das Südfenster natürlich etwas schattiert, im Winter bekommt sie volle Sonne.
Nachdem ich viele verschiedene Substrate ausprobiert habe, bin ich schließlich bei mineralischem gelandet, da es sich gut dauerfeucht halten lässt, ohne dass es zu nass an den Pseudobulben wird. Besonders die Neutriebe reagieren sehr empfindlich auf Nässe in Verbindung mit niedrigen Temperaturen (da reicht dann schon ein kalter Luftzug). Ich weiß nicht, wie viele Neutriebe mir in den ersten Jahren abgefault sind – es waren unzählige. Ich halte Psychopsis papilio genauso wie die bereits vorgestellte Psychopsis Mariposa in einer Mischung aus Lavagranulat, Akadama, Bimskies, Kanuma und Perliten, alles nicht gröber als 8 – 10 mm und nicht feiner als 2 mm. Anfangs stand der Topf noch in einer Pfütze salzarmen Wassers, das eine Leitfähigkeit von ca. 150 µS/cm hatte. Inzwischen habe ich auf ein Dochtsystem mit darunterliegendem Wasserreservoir umgestellt, was sich für die Kultur von Psychopsis bestens bewährt hat. Solche Systeme gibt es fertig zu kaufen oder man bastelt sich selbst eines. Wie das geht, hat unser Mitglied Dr. Ernst Avenhaus 2017 (“Die Orchidee” 68(5): 379 – 384) ausführlich dargestellt. Natürlich können auch andere Pflanzstoffe verwendet werden. Wichtig ist, dass die Wurzeln niemals völlig austrocknen, auch wenn man im Internet sehr oft liest, dass Psychopsis-Arten sehr trocken gehalten werden müssen. Wenn man sich die natürlichen Standorte ansieht, merkt man schnell, dass es dort nicht sonderlich trocken ist, auch wenn mal kein Regen fällt.
Wie viele andere Naturformen auch reagieren Psychopsis-Arten sehr anfällig auf einen zu hohen Salzgehalt im Wasser. Da das Leitungswasser in den meisten Regionen Deutschlands eine sehr hohe Leitfähigkeit hat, sollte man Psychopsis papilio besser mit Regenwasser oder anderem salzarmen Wasser gießen und mit Dünger etwas sparsam sein. Mein Gießwasser hat ca. 150 µS/cm. Während der warmen und hellen Sommermonate gibt es alle 4 – 6 Wochen etwas Dünger. Das fertig aufbereitete Düngerwasser hat dann eine Leitfähigkeit von ca. 250 – 300 µS/cm. Wie schon oft erwähnt, dünge ich während der Wintermonate gar nicht. Die im Substrat angereicherten Nährstoffe genügen, um die Pflanze gut durch die kalte Jahreszeit zu bringen.
Bei zu geringer Luftfeuchtigkeit ist diese Gattung leider höchst anfällig für Spinnmilben. Auch dieses Problem hat mich in den ersten Jahren so einige Psychopsen gekostet. Seit ich die Luftfeuchtigkeit durch einen Ultraschallvernebler deutlich erhöhen konnte, treten diese kleinen Biester wesentlich seltener auf und wenn, dann lassen sie sich ganz gut bekämpfen, sofern man den Befall rechtzeitig bemerkt. Daher ist es wichtig, die Blattunterseiten regelmäßig zu kontrollieren. Wenn sich ein extrem matter, silbriger Schleier auf den Blattunterseiten bildet, ist es höchste Zeit zu handeln. Sehr gute Erfahrungen in der Bekämpfung von Spinnmilben an Psychopsis habe ich mit dem Wirkstoff Abamectin gemacht. Drei Behandlungen im Abstand von 7 – 10 Tagen und man ist die Plage los.
Eine wirklich beeindruckende Gattung, deren Blüten fast außerirdisch anmuten und ein wahrer Blickfang sind. Zumindest eine Psychopsis sollte einfach in jeder Orchideensammlung sein – wenn man die hohen Temperaturen bieten kann.
Viel Erfolg beim Kultivieren!
Seitenansicht der Blüte von Psychopsis papilio
(Foto: Thomas Jacob)