Die Blüten von Prosthechea garciana wachsen nicht resupiniert
(Foto: Thomas Jacob)
Als Epidendrum garcianum beschrieben die beiden Autoren Leslie Andrew GARAY und Galfrid Clement Keyworth DUNSTERVILLE die Art erstmalig in einem Beitrag der zweiten Ausgabe von “Venezuelan Orchids Illustrated” aus dem Jahr 1961. Der aktuell gültige Artname, der in World Checklist of Selected Plant Families (WCSP) der Kew Gardens gelistet ist, lautet Prosthechea garciana. Die Überführung in die Gattung Prosthechea geschah im Jahr 1997/98 durch Wesley Ervin HIGGINS in “Phytologia; Designed to Expedite Botanical Publication”. Auch unter ihren beiden weiteren Synonymen Encyclia garciana und Anacheilium garcianum wird die Art öfter in der Literatur genannt oder zum Kauf angeboten.
Prosthechea garciana ist heimisch in den immerfeuchten Bergwäldern Venezuelas. Ihre Standorte liegen meist auf 1200 Meter über dem Meeresspiegel mit kühl-temperierten, manchmal auch kühl-kalten Temperaturbedingungen. Die sympodial wachsende Art ist ein Epiphyt, der zumeist Äste und Stämme von moosbewachsenen Bäumen besiedelt. Selten sind die Pflanzen dort der direkten Sonne ausgesetzt. Niederschläge gibt es das ganze Jahr über, wenn auch im Winter etwas weniger als im Sommer.
Habitus von Prosthechea garciana
(Foto: Thomas Jacob)
Detailaufnahme des Labellum
(Foto: Thomas Jacob)
An kleinen bis mittelgroßen Pseudobulben sitzt jeweils ein einzelnes festes Blatt, das dunkelgrün, gekielt und spitz zulaufend ist. Nach Ausreifen der Pseudobulbe bildet sich am Blattansatz eine Blütenscheide aus, in der eine kurze Infloreszenz heranwächst, die meist zwei Blüten trägt. Diese sind weiß und haben sehr unterschiedlich intensive Zeichnungen in Rotviolett. Während meine Prosthechea garciana im Sommer stark gefärbte Blüten trägt, sind ihre Herbst- und Winterblüten sehr blass. Vermutlich liegt es am vorhandenen Licht, wie intensiv das Rotviolett hervortritt. Im Laufe der Zeit werden die Pflanzen zu richtigen Büschen, die eine Vielzahl von Blüten tragen können. Die Blüten sind nicht resupiniert, das heißt, dass das Labellum nach oben gerichtet ist und nicht nach unten wie bei den meisten bekannten Orchideenarten.
Ich kultiviere Prosthechea garciana in einer Mischung aus mineralischem Substrat: Bims, Akadama, Lava, Zeolith – alles, was ich gerade zur Verfügung hatte. Der Topf steht immer in einer kleinen Schale, die mit Wasser gefüllt ist. Durch die Kapillarwirkung der Mineralien ist das Substrat stets feucht, aber nicht nass. Perfekte Bedingungen, wie es scheint, denn der Topf war innerhalb von wenigen Wochen komplett durchwurzelt. Der große Vorteil von mineralischen Substraten ist, dass sie sich nicht zersetzten und somit nur neu getopft werden muss, wenn der Topf zu klein geworden ist und die Neutriebe über den Rand hinauswachsen würden. Das wird im Frühjahr bei meiner Pflanze der Fall sein. Natürlich lässt sich Prosthechea garciana auch in anderen Substraten erfolgreich kultivieren. Wichtig ist, dass sie stets feucht, aber nicht klatschnass ist.
Sehr wenig intensiv gefärbter Klon
(Foto: Thomas Jacob)
Blick auf das Labellum von Prosthechea garciana
(Foto: Thomas Jacob)
Die Wasserqualität sollte nicht allzu salzhaltig sein, wobei die Pflanze schon etwas Dünger verträgt. Mein Wasser, mit dem ich die Schale immer auffülle, wenn sie leergesaugt ist, hat einen Leitwert von 200-300 µS. Im Winter weniger, da ich in dieser Zeit keinen Dünger gebe. Durch das geringe Lichtangebot im Winter fährt der Stoffwechsel der Pflanze herunter, wodurch sie weniger Nährstoffe verarbeiten kann. Wird in dieser Zeit zu viel gedüngt, verbleiben die Salze im Substrat, das dadurch versalzt und somit die doch recht feinen Wurzeln verbrennen würden. Wer im Winter mit künstlichem Licht arbeitet, kann natürlich auch dann etwas Dünger geben.
Da die Temperaturbedingungen an den verschiedenen Naturstandorten von kalt bis temperiert variieren, ist Prosthechea garciana hier nicht allzu anspruchsvoll. Ich kultiviere meine Pflanze sogar im temperiert-warmen Bereich. Auch die große Hitze im Sommer hat ihr keinerlei Probleme bereitet. Ich hatte sogar den Eindruck, dass ihr das sehr gutgetan hat. Als andere Orchideen aus meinem Bestand das Wachstum aufgrund der großen Hitze für einige Wochen einstellten, kam sie so richtig in Fahrt. Auch im Winter steht sie bei mir in einem gelegentlich beheizten Zimmer, in dem die Temperaturen nachts bei ca. 14 Grad liegen. Manchmal fallen sie auf 12 Grad, gelegentlich liegen sie aber auch bei 16 Grad.
Direkter Mittagssonne ist meine Pflanze nie ausgesetzt, auch im Winter nicht. Die tief stehende Abendsonne im Winter kann aber unschattiert auf sie fallen. Da dann die Tage deutlich kürzer sind, darf in der kurzen Zeit ruhig etwas mehr Licht aufgenommen werden. Die Blattfarbe ist saftig grün ohne Verbrennungen und ausgeblichene Stellen. Die winterliche Abendsonne scheint ihr also gut zu gefallen.
Durch die edel anmutenden Blüten ist Prosthechea garciana ein wirklicher Hingucker, der vom Sommer bis in den Winter hinein blühen kann. Eine wahre Bereicherung für jedes Fensterbrett – auf dem sie durch ihre kompakte Größe auch gut Platz findet. Viel Erfolg beim Kultivieren!
Seitenansicht von Prosthechea garciana
(Foto: Thomas Jacob)