Phragmipedium fischeri ‘Andreas’ BM/D.O.G.
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)
In einem „Leaflet of the Schlechter Institute“ aus dem Jahr 1996 beschrieben Prof. Guido Jozef BRAEM und Hartmut MOHR die Art erstmalig. Das Typusexemplar wurde von Jerry FISCHER, Inhaber der amerikanischen Orchideengärtnerei Orchids Ltd., aus Ecuador als Phragmipedium schlimii importiert. Schon beim Erhalt auf einer Orchideenausstellung in den Vereinigten Staaten wunderte er sich über den deutlich unterschiedlichen Wuchs im Vergleich zu Phrag. schlimii. Als eine der importierten Pflanzen erstmalig bei ihm erblühte, erkannte er sofort, dass dies nicht Phragmipedium schlimii sein konnte, und sandte eine Pflanze zur Identifizierung an das Schlechter Institute in Gemünden. BRAEM und MOHR benannten diese neue Naturform nach Jerry FISCHER, dem Entdecker. Obwohl es noch immer einige Unklarheiten und Diskussionen in der Sektion Micropetalum gibt, finden sich bei Phragmipedium fischeri doch einige signifikante Unterschiede zu Phragmipedium schlimii und auch zu Phragmipedium andreettae, sodass der Artenstatus berechtigt scheint.
Das natürliche Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom nördlichen Ecuador bis weit nach Kolumbien hinein. Phragmipedium fischeri wächst dort terrestrisch oder lithophythisch entlang von kleinen Bächen und Flüssen sowie an steilen Felswänden. Die Standorte sind immer sehr hell, aber ohne direkte Sonneneinstrahlung. Man findet die Art auf Höhen von 1000 – 1500 Metern über dem Meeresspiegel. Die Temperaturbedingungen sind eher kühl bis temperiert. Niederschläge gibt es das ganze Jahr hindurch, wobei diese im Winter etwas seltener sind als im Sommer. Durch die Nähe zu fließenden Gewässern und die sehr hohe Luftfeuchtigkeit trocknet das Habitat aber niemals aus und ist stets sehr feucht.
Phragmipedium fischeri ‘Zuckersüß’ BM/D.O.G.
(Foto: Thomas Jacob)
Habitus von Phragmipedium fischeri
(Foto: Thomas Jacob)
Phragmipedium fischeri zählt zu den kleinwüchsigen Spezies seiner Gattung. Der sehr kurze und dünne Stamm ist komplett von drei bis fünf wechselständig angeordneten Blättern umhüllt. Das Laub ist ein bis drei Zentimeter breit und höchstens 20 cm lang. Die Blätter sind leicht gekielt, dunkelgrün und laufen spitz zu. Endständig entspringt die Infloreszenz, die ungefähr 20 cm hoch wird. Jeder Blütentrieb bildet zwei bis fünf Blüten aus, die sich nacheinander öffnen. Nur sehr selten sind zwei Blüten zur gleichen Zeit geöffnet. Sie werden vier bis fünf Zentimeter breit und lediglich drei bis vier Zentimeter hoch. Das sehr runde Labellum ist intensiv violettrot gefärbt. Petalen und Fahne sind in der Grundfarbe weiß und ebenfalls mit einem violettroten Ton überzogen. Die Farbintensität variiert bei Phragmipedium fischeri sehr stark. Die gesamte Blüte ist mit unzähligen Härchen bedeckt. Sehr häufig ist das Staminodium verkrüppelt oder fehlt komplett. Die Blüten duften nicht.
Im Vergleich zu Phragmipedium schlimii und auch Phragmipedium andreettae wächst die Art enorm langsam, weshalb sie in meinem Freundeskreis als „schneckliches“ Phragmipedium bezeichnet wird. Vom Aufploppen einer Blüte bis zum kompletten Entfalten können auch mal vier Tage vergehen – nichts für schwache Nerven also! Obwohl sie am Naturstandort eher kühl-temperierten Bedingungen ausgesetzt ist, wächst sie auch unter temperiert-warmen auf der Fensterbank sehr gut.
Da Phragmipedium fischeri in sehr feuchten bis nassen Gebieten vorkommt, kann es sehr gut mit nassem Fuß kultiviert werden. Meine Pflanze steht in einer Schale, die immer mit etwas Wasser gefüllt wird, sobald sie leer gesaugt ist. Zwischenzeitliches Austrocknen verhindert eine Verkeimung des Wassers, wodurch sich die Pflanze infizieren könnte. Das Substrat selbst sollte aber nicht komplett durchtrocknen. Phragmipedien haben den Ruf sehr salzempfindlich zu sein, was für einige Naturformen auch durchaus zutreffend ist. Ich habe in den letzten 10 Jahren Phragmipedium-Kultur aber die Erfahrung gemacht, dass einige Arten und besonders Hybriden nicht generell empfindlich auf gelöste Salze im Wasser reagieren. Viel mehr kommt es scheinbar darauf an, wie die Wasserqualität ist und welche Stoffe sich in welchem Verhältnis darin befinden. Reines Wasser – egal ob Regenwasser, Quellwasser, Osmosewasser oder ähnliches – das mit einem ausgewogenen Orchideendünger aufgedüngt wird, darf dann auch ruhig etwas mehr Nährstoffe beinhalten. Mein Phrag. fischeri bekommt in den warmen und hellen Sommermonaten teilweise aufgedüngtes Wasser, das einen Leitwert von 350 – 500 Mikrosiemens hat. Im Winter dünge ich allerdings nicht. Da gibt es klares Quellwasser mit wenig gelösten Salzen. Ab März steigere ich die Düngergaben langsam, bis sie im Juli/August ihren Höhepunkt erreichen. Danach wird langsam wieder weniger gedüngt. Ab Oktober dann gar nicht mehr. Den Sommer über lagern sich genügend Düngerreste im Substrat an, die die Pflanze im Winter mit Nährstoffen versorgen.
Phragmipedium fischeri unterscheidet sich deutlich in der Form von Phragmipedium schlimii
(Foto: Thomas Jacob)
Phragmipedium fischeri unterscheidet sich deutlich in der Form und auch in der Größe von Phragmipedium schlimii
(Foto: Thomas Jacob)
Mein Standard-Pflanzstoff für Phragmipedium besteht aus einer Mischung mit Rindenanteil, Perliten, Bimskies und Holzkohle. Rinde hat den Nachteil, dass sie sich durch die ständige Feuchtigkeit recht schnell zersetzt. Allerdings werden bei diesem Zersetzungsprozess auch Nährstoffe frei. Nach zwei bis drei Jahren sollte dann aber neu getopft werden, bevor sich das Substrat zu sehr verdichtet und die Wurzeln faulen. Besonders Phragmipedium fischeri hat sehr feine Wurzeln, die eine gute Belüftung lieben, da sie in der Natur oft einfach auf Steinen wachsen und sehr viel Frischluft erhalten. Die einzelnen Substratteile sollten also nicht zu fein sein. Bewährt hat sich bei mir eine Körnung von acht bis zwölf Millimeter für Phragmipedium fischeri. Perlite gebe ich mit dazu, weil sie einerseits das Substrat luftig machen und andererseits gut Wasser speichern können. Bimskies gibt etwas Kalk ab und hat ebenfalls die Fähigkeit, Wasser zu speichern und weiterzuleiten. Um in dem feuchten Substrat für etwas trockenere Stellen zu sorgen, nutze ich Holzkohle, die sich nicht mit Wasser vollsaugt und dadurch trockener bleibt. Die Körnung aller Bestandteile sollte nicht zu fein, aber auch nicht zu grob sein, je nach Topfgröße Körnungen von 5 bis 18 mm. Auch in rein mineralischen Substraten, in Sphagnum-Moos oder Steinwollwürfeln fühlt sich Phragmipedium fischeri wohl. Ich habe schon einiges ausprobiert und die Erfahrung gemacht, dass es nur wichtig ist, dass viel Wasser vom Substrat aufgenommen und gehalten werden kann.
Phragmipedien mögen es hell, aber keine direkte Mittagssonne. Sonnenschein am Morgen oder Abend wird aber gut vertragen, wenn er nicht zu lange auf die Blätter brennt. Werden diese gelblich, muss unbedingt schattiert oder die Pflanze umgestellt werden. Nachts können die Temperaturen auf 10 Grad fallen, müssen sie aber nicht. Phragmipedium fischeri wächst sehr gut bei normalen Zimmertemperaturen – auch in beheizten Räumen mit etwas trockener Luft, wenn regelmäßig gelüftet wird. Bei zu wenig Frischluft oder Luftbewegung können sich Pilze bilden, die die Pflanze sehr schwächen und im Extremfall auch töten können, wenn nicht mit einem Pilzmittel behandelt wird.
Durch die kompakte Größe und das leuchtende Rotviolett der haarigen Blüten ist Phragmipedium fischeri ein echter Hingucker. Die Kultur ist nicht sonderlich schwer, wenn man genug Geduld aufbringen kann, dieser „Schnecke“ beim Wachsen zuzusehen. Viel Erfolg beim Kultivieren