Phragmipedium dalessandroi – ganz unten lugt hinter dem Schuh das lange Synsepalum hervor.
(Foto: Thomas Jacob)
Phragmipedium dalessandroi war vom ersten Moment meiner Phragmipedium-Leidenschaft mein heiliger Gral – die Art, die ich mir unbedingt wünschte, die ich wirklich begehrte. Auch wenn die Unterschiede zu Phragmipedium besseae nur marginal sind, begeisterten mich die leuchtend orangerot gefärbten Blüten mit den leicht nach unten geneigten Petalen sofort. Auch die Tatsache, dass Phragmipedium dalessandroi im Alter multifloral blüht, also mit mehreren gleichzeitig geöffneten Blüten an diversen Seitentrieben, spricht für die Art.
Die Suche nach einem reinen und echten Phragmipedium dalessandroi gestaltete sich allerdings äußerst schwierig und kostete mich neben viel Zeit und Geduld auch sehr viel Geld. Diese Naturform wird leider nur sehr selten angeboten und wenn doch, dann hat sie ihren Preis. Mehrmals war die Enttäuschung riesengroß, wenn nach jahrelanger Kultur die erste Blüte offenbarte, dass es sich nicht um Phragmipedium dalessandroi handelte.
Mein Phragmipedium dalessandroi ist noch recht klein.
(Foto: Thomas Jacob)
Phragmipedium dalessandroi – im Alter blüht die Art gleichzeitig mit zahlreichen Blüten an einer Infloreszenz.
(Foto: Olaf Gruß)
Acht Pflanzen erwarb ich in all den Jahren. Sechs davon entpuppten sich als Phragmipedium besseae oder die Hybride aus beiden Arten, Phragmipedium Jersey. Mit Pflanze Nummer sieben erfüllte sich dann mein Traum. Phragmipedium dalessandroi klettert nicht, das heißt die einzelnen Triebe stehen dicht beieinander und bleiben auf einer Höhe. Die Farbe ist mehr orange und nicht rot. Die Petalen sind leicht nach unten geneigt. Alles Indizien, die schon für Phragmipedium dalessandroi sprechen, aber auch bei Phrag. besseae vereinzelt auftreten können, weshalb die Art auch lange Zeit sehr umstritten war. Ein eindeutiges Erkennungsmerkmal bildet aber das Synsepalum, also das Blütenblatt hinter dem Schuh. Während dies bei Phragmipedium besseae immer deutlich kürzer als der Schuh ist, ragt es bei Phragmipedium dalessandroi immer über den Schuh hinaus. Bei der Hybride Phragmipedium Jersey ist das Synsepalum manchmal ähnlich lang wie der Schuh, aber niemals länger.
Meine Freude war entsprechend groß, als das Synsepalum meiner siebten Pflanze auch nach dem Strecken der Blüte deutlich länger als der Schuh blieb!
Pflanze Nummer acht wollte bisher nicht blühen. Nach dem Import wuchs sie rückwärts. Die Triebe wurden also immer kleiner, anstatt blühfähige Größe zu erreichen. Nach zwei Jahren fing sie sich dann und wurde kräftiger – blühen wollte sie aber bisher nicht. Da ich von mehreren Seiten von solchen Eingewöhnungsproblemen bei Phragmipedium dalessandroi hörte und auch meine bereits blühende Pflanze diese Probleme hatte, stehen die Zeichen aber gut, dass auch Pflanze Nummer acht eine reine Art sein könnte.
Phragmipedium dalessandroi ist endemisch in der Cordillera del Cóndor im südlichen Ecuador. Es wächst dort lithophytisch an steilen und immerfeuchten Felswänden in Höhenlagen von 900 – 1300 m. Die Temperaturen liegen ganzjährig zwischen 15 und 25 °C, an manchen Tagen kann es auch etwas kühler oder wärmer sein kann. In den Wintermonaten fällt sehr wenig Niederschlag, wobei das Habitat trotzdem niemals austrocknet. Bestäubt wird Phragmipedium dalessandroi von Kolibris.
Phragmipedium dalessandroi (links) im direkten Vergleich mit Phragmipedium besseae (rechts).
(Foto: Thomas Jacob)
Im direkten Vergleich der Profilansichten von Phrag. dalessandroi (links) und Phrag. besseae (rechts) werden die unterschiedlichen Synsepalen deutlich.
(Foto: Thomas Jacob)
Meine Kultur erfolgt wie bei allen anderen Phragmipedien, die ich bereits als “Orchidee der Woche” vorgestellt habe. Ich kultiviere alle mit nassem Fuß, das heißt, der Topf steht immer in einer kleinen Pfütze Wasser. Somit ist das Substrat immer sehr feucht bis nass. In den Wintermonaten bleiben die Schalen auch mal zwei bis drei Tage leer, wodurch der Pflanzstoff im Topf zwar leicht antrocknet, aber nicht vollkommen austrocknet. Im Sommer wird regelmäßiger geflutet, damit das Substrat richtig nass bleibt.
Als Substrat verwende ich eine Mischung aus Rinde, Bimskies, Perlite und Holzkohle. Die Körnung wird an die Topfgröße angepasst. Bei kleinen Töpfen feineres Substrat, bei großen Töpfen dann entsprechend gröberes. Größer als 20 mm sollten die Bestandteile aber nicht sein, da sich der Topf durch die großen Abstände sonst nicht mehr vollsaugen kann. Die Pflanze steht an einem hellen Fenster mit südwestlicher Ausrichtung. Direkte Sonneneinstrahlung gibt es nur in den Abendstunden. Die Temperaturen fallen im Winter nicht unter 15 °C. Im Sommer herrschen manchmal an die 40 °C in unserer Dachgeschosswohnung.
Gedüngt wird mit einer Leitfähigkeit von 350 – 450 µS/cm bei jedem zweiten Wässern in den warmen Monaten. Zwischendrin wird der Topf mit klarem, salzarmem Wasser durchgespült, um ein Versalzen des Pflanzstoffs zu vermeiden. Viermal im Jahr wird das Substrat mit etwas Hüttenkalk aufgekalkt, Einerseits brauchen viele Phragmipedien etwas Kalk, um gut zu gedeihen, andererseits reguliert der Hüttenkalk im Substrat den pH-Wert, wodurch Nährstoffe von der Pflanze besser aufgenommen werden können.
Auch wenn meine Pflanze bei ihrer Erstblüte nur eine einzelne Blüte an einer recht kurzen Infloreszenz hervorbrachte, war ich dennoch begeistert vom edel anmutenden Charme der Blüte. Ich bin zuversichtlich, dass sie nach den anfänglichen Schwierigkeiten durch den Import nun gut weiterwächst und die nächsten Infloreszenzen länger und blütenreicher werden. Ein weiterer Trieb hat bereits Blühgröße erreicht und nach der Blüte haben sich drei kleine Neutriebe gebildet.
Betrachtet man die Blüte von Phragmipedium dalessandroi im Profil, erkannt man das lange Synsepalum am besten.
(Foto: Thomas Jacob)