Eins sehr hell gefärbter Klon von Phalaenopis finleyi – dafür mit sehr typischer Haltung
(Foto: Thomas Jacob)
Der dänische Diplomat und Orchideenforscher Gunnar SEIDENFADEN beschrieb die Art im Jahr 1988 erstmalig als Kingidium minus in „Opera Botanica a Societate Botanica Lundensi“. 2001 in „Phalaenopsis: a Monograph“ stellte Eric Alston CHRISTENSON sie zur Gattung Phalaenopsis mit der Bezeichnung Phalaenopsis minor. Dieser Name ist jedoch ungültig, weil es bereits eine Phalaenopsis minor F. Y. Liu 1988 in „Acta Botanica Yunnanica“ gibt. 2005 wurde Kingidium minus in die Gattung Doritis überführt. Erst vor wenigen Jahren erhielt die Art von CHRISTENSON in „Richardiana“ ihren heute anerkannten Namen Phalaenopsis finleyi.
Heimisch ist Phalaenopsis finleyi im nordöstlichen Thailand und Myanmar. Sie wächst dort epiphytisch auf Höhen bis zu 400 Metern über dem Meeresspiegel. Die Temperaturen sind ganzjährig warm bis heiß. Tagsüber steigen sie fast immer auf über 30 Grad an. In den Sommermonaten fallen sie nachts auf 25 Grad, in den Wintermonaten auf ca. 15 Grad ab. Dadurch ergibt sich ein ausgeprägtes Tag-Nacht-Gefälle. Das Klima am Standort ist geprägt vom indischen Monsun, der von März bis Oktober für eine ausgeprägte Regenzeit sorgt. Doch auch in den restlichen Monaten kann es Niederschlag geben. Durch die stets sehr hohe Luftfeuchtigkeit trocknet das Habitat niemals aus. Die Standorte von Phalaenopsis finleyi sind immer sehr hell, aber ohne direkte Sonneneinstrahlung.
Die klein bleibenden Pflanzen bilden einen sehr kurzen Stamm, der wechselständig von dunkelgrünen festen Blättern umschlossen ist, die lediglich 5-12 cm lang werden. Vom späten Frühjahr bis in den zeitigen Herbst erscheinen die Infloreszenzen, die 5-20 cm lang werden und meist 2-3 Blüten gleichzeitig öffnen. Die Blütentriebe bilden aber mehrmals hintereinander Knospen. Dadurch erstreckt sich die Blühdauer über mehrere Monate. Die kleinen, fast filigranen Blüten sind nur 1-2 cm breit und 2-3 cm hoch. Die Grundfarbe ist weiß. Auf der gesamten Blüte zeigt sich eine Musterung aus Strichen und Punkten in rosa und ockerfarben. Manche Klone sind nur sehr hell gefärbt, andere haben einen intensiven Kontrast mit leuchtenden Farben. Typisches Merkmal von Phalaenopsis finleyi sind die nach oben gerichteten und nach hinten klappenden Tepalen. Unter Sammlern werden sie deshalb gerne „Sturmfrisur“ genannt. Bei der Hybridisierung vererbt sich dieses Merkmal in den allermeisten Fällen.
Phalaenopsis finleyi ‘Alex’ BM/D.O.G.
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)
Phalaenopsis finleyi ‘Budapest’ BM/D.O.G.
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)
Eine Kultur auf der Fensterbank ist ohne großen Aufwand möglich. Da Phalaenopsis finleyi warme bis heiße Temperaturen mag, ist auch ein gut beheiztes Wohnzimmer im Winter ein geeigneter Ort für diese Phalaenopsis-Art. Nachts sollten die Temperaturen niemals unter 15-16 Grad fallen. Auch die Luftfeuchtigkeit sollte nicht allzu niedrig sein, was besonders im Winter, wenn die Heizung läuft, schnell passiert. Wasserschalen, die zwischen den Orchideen platziert werden, können Abhilfe schaffen. Regelmäßiges Besprühen sollte vermieden werden, auch wenn dies in einigen Quellen empfohlen wird. Zum einen steigt die Luftfeuchtigkeit nach dem Sprühen nur sehr kurz an. Dies lässt sich sehr leicht mit einem Hygrometer testen. Direkt nach dem Sprühen werden 70-90% Luftfeuchtigkeit angezeigt. Nach 1-2 Minuten fällt der Wert aber rasant wieder ab. Zum anderen ist die Gefahr groß, dass sich beim Sprühen Wasser in den Blattachseln sammelt. Trocknet das stehende Wasser wegen der mangelnden Luftbewegung nicht schnell genug ab, droht Fäulnis, die nur schwer zu behandeln ist. Meistens verliert man seine Pflanze dadurch.
Als Pflanzstoff für Phalaenopsis finleyi eignet sich Rinde in feiner bis mittlerer Körnung am besten. Bei sehr kleinen Töpfen geht auch Substrat aus Kokosfasern gut. Wichtig ist, dass die Feuchtigkeit innerhalb von ein paar Tagen – höchstens einer Woche – komplett abtrocknet. Dauert es wesentlich länger, bis der Topf durchgetrocknet ist, ist das Substrat zu fein. Phalaenopsis zeigen uns ganz genau, wann sie gegossen werden sollten. Sobald die Wurzeln im Topf silbrig weiß sind, kann gewässert werden. Ein ausgiebiges Tauchbad, bis sich das Velamen der Wurzeln vollgesogen hat und diese wieder sattgrün sind, ist besser als das oft erwähnte „Schnapsglas in der Woche“. Erst wenn die Wurzeln wieder komplett silbrig sind und im Topf keine Feuchtigkeit mehr zu sehen ist, wird erneut gewässert. Durch den Einsatz von transparenten Töpfen lässt sich der Feuchtigkeitshaushalt sehr gut beobachten. Auch aufgebunden lässt sich Phalaenopsis finleyi gut kultivieren, wenn man eine Orchideenvitrine oder ein Gewächshaus hat.
Das Tauchwasser darf bei dieser Hybride den Sommer über einen Leitwert von 300-450 Mikrosiemens/cm haben. Im Winter sollte es etwas weniger Salzgehalt aufweisen. 200 Mikrosiemens/cm reichen in den dunklen Monaten, es sei denn man arbeitet mit künstlicher Beleuchtung, die den Stoffwechsel der Pflanze auch im Winter hochhält. Gelegentlich sollte man das Substrat mit klarem Wasser durchspülen, um ein Versalzen des Pflanzstoffes zu vermeiden.
Im Sommer, oft auch schon ab März, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Blätter vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden, damit sie nicht verbrennen. Kurzfristiger Sonnenschein in den frühen Morgen- und späten Abendstunden wird jedoch vertragen. Bis in den September hinein schattiere ich deswegen mein Südseitenfenster mit einem dünnen Vorhang, der die Sonnenstrahlung abmildert, aber noch genug Licht hindurchlässt. Von Oktober bis Februar, wenn die Sonne tief steht und meist durch Wolken oder Nebel verdeckt ist, kann Phalaenopsis finleyi auch unschattiert auf dem Fensterbrett stehen.
Durch ihre wirklich einmaligen „Sturmfrisuren“ gehört Phalaenopsis finleyi zu meinen absoluten Lieblingsarten aus der Familie der Orchidaceae. Die Kultur ist außerdem recht unkompliziert und auch für Anfänger mit etwas Erfahrung machbar. Viel Erfolg beim Kultivieren!
Die Tepalen neigen sich bei Phalaenopsis finleyi stark nach hinten
(Foto: Thomas Jacob)