Paphiopedilum rungsuriyanum – Einzelblüte
(Foto: Thomas Jacob)
Im Jahr 2014 wurde im nördlichen Laos eine neue Paphiopedilum-Art entdeckt, die von Olaf Gruß und Kollegen unter dem Namen Paphiopedilum rungsuriyanum O. Gruss, Rungruang, Chaisur. et Dionisio beschrieben wurde. Die sehr kleinwüchsige Orchideenart hat im Verhältnis zu ihrem Laub außerordentlich große Blüten, die sehr intensiv gefärbt und auffällig geformt sind. Die Blätter sind ebenfalls sehr dunkel und stark gemustert. Es ist immer wieder erstaunlich, dass es auch heute noch so einzigartige Neuentdeckungen gibt. Die Art sticht dermaßen ins Auge und kann mit keinem anderen Paphiopedilum verwechselt werden, und trotzdem blieb sie so lange unbeschrieben.
Eine wirklich ansprechende Naturform, von der es inzwischen auch in Europa kräftige Nachzuchten zu erwerben gibt. Im Frühjahr 2022 bekam ich endlich die Chance ein Paphiopedilum rungsuriyanum in fast blühstarker Größe zu einem akzeptablen Preis zu kaufen. Natürlich musste ich nicht allzu lange überlegen und nahm das Angebot an!
Paphiopedilum rungsuriyanum –Habitus
(Foto: Thomas Jacob)
Die Blüte von Paphiopedilum rungsuriyanum im Größenvergleich mit meinen Fingern
(Foto: Thomas Jacob)
Ziemlich genau ein Jahr später erblühte Paphiopedilum rungsuriyanum Anfang Mai 2023 zum ersten Mal unter meinen Kulturbedingungen auf der Fensterbank. Und wie ich euch im Beitrag zu Paphiopedilum Haiphong Baby bereits angekündigt hatte, stelle ich es euch heute als “Orchidee der Woche” vor.
Für die Erstblüte eines Sämlings bin ich mehr als erfreut über die tolle Färbung, Form und Haltung der Blüte. Die Farben sind sehr intensiv und klar, die Blüte ist symmetrisch und hat keinerlei Deformationen, die Struktur ist sehr fest. Vermutlich wird die Blüte auch lange halten, denn die Infloreszenz hat fast ein halbes Jahr gebraucht um auszureifen. Meiner Erfahrung nach halten Blüten, die langsamer wachsen, auch länger.
Für die Kultur meines Paphiopedilum rungsuriyanum habe ich mich für einen Topf mit Bewässerungssystem entschieden. Diese Töpfe gibt es bereits fertig zu kaufen. Sie können aber auch selbst hergestellt werden, wie unser langjähriges Mitglied Dr. Ernst Avenhaus bereits in unserer Zeitschrift beschrieben hat. Durch einen Docht, der einen Wassertank und den Topf miteinander verbindet, wird das Substrat dauerhaft feucht gehalten, ohne dabei zu nass zu werden. Damit das Wasser im Tank nicht faulig wird, sollte es regelmäßig gewechselt werden. Ich erledige das alle zwei bis drei Wochen. Die Leitfähigkeit meines Gießwassers beträgt lediglich 30 µS/cm, da ich ausschließlich Regenwasser verwende.
Während der Sommermonate wird ungefähr alle vier Wochen mit einem speziellen Orchideendünger gedüngt. Das Wasser hat dann eine Leitfähigkeit von ca. 350 – 400 µS/cm und wird nicht einfach in den Tank gefüllt, sondern mit einer Wasserspritze direkt auf das Substrat gegeben. In den Wintermonaten dünge ich gar nicht, da der Stoffwechsel der Pflanzen durch die wenigen Stunden Tageslicht so weit herunterfährt, dass die im Pflanzstoff angereicherten Düngerreste genügen.
Paphiopedilum rungsuriyanum – Profilansicht
(Foto: Thomas Jacob)
Die Blüte von Paphiopedilum rungsuriyanum aus einer seitlichen Perspektive
(Foto: Thomas Jacob)
Bei der Wahl des Substrats habe ich mich für Steinwollwürfel entschieden. Ich erhielt die Pflanze mit recht vielen aktiven Wurzeln in eben diesem Material. Allzu ungeeignet konnte es also nicht sein. Der große Vorteil von Steinwollwürfeln ist ihr geringes Gewicht und die gute Belüftung der Wurzeln, da zwischen den einzelnen Würfeln große Hohlräume entstehen. Außerdem werden Steinwollwürfel in Verbindung mit einem Bewässerungssystem niemals zu nass, bleiben aber für die Orchidee stets angenehm feucht. Innerhalb kurzer Zeit wächst auf der Oberfläche meist ein Moosteppich – ein guter Indikator für die richtigen Bedingungen.
Natürlich ist auch die Kultur in Rindensubstrat-Mischungen oder Moos möglich. Hier muss jeder für sich entscheiden, womit er am besten klarkommt und wie viel Zeit er für die Kultur aufbringen kann.
Paphiopedilum rungsuriyanum steht in dritter Reihe an einem sehr hellen Fenster, das nach Süden ausgerichtet ist. Wenn die Sonne zur Mittagszeit im Sommer sehr hoch steht, erreichen ihre Strahlen die Pflanze nicht. Am Vormittag und Nachmittag, wie auch in den Wintermonaten, erreichen die Sonnenstrahlen aber mein Paphiopedilum rungsuriyanum. Schattiert habe ich bisher nicht und die Pflanze scheint es gut zu vertragen. Aber auch schattigere oder schattierte Plätze sollten ihr genügen. Die Temperaturbedingungen in meinem Kulturraum liegen im Sommer im sehr warmen bis heißen Bereich, in den Wintermonaten sind sie eher temperiert bis warm.
Paphiopedilum rungsuriyanum ist eine kleine, absolut fensterbanktaugliche Naturform mit ausgefallenen Blüten, die alle Blicke auf sich ziehen.
Viel Erfolg beim Kultivieren!