Paphiopedilum herrmannii

Paphiopedilum herrmannii

Paphiopedilum herrmannii ‘Lilli’ erhielt Silbermedaillen in den Kategorien Kultur und Botanische Art
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)

Autor/in: Thomas Jacob
Veröffentlicht: 07.09.2020

In „Linzer Biologische Beiträge“ aus dem Jahr 1995 publizierten Franz FUCHS und Herbert REISINGER die Erstbeschreibung von Paphiopedilum herrmannii. Obwohl die Art von WCSP (World Checklist of Selected Plant Families) akzeptiert ist, wird unter Taxonomen und auch Paphiopedilum-Sammlern noch immer diskutiert, ob es sich dabei wirklich um eine Art oder eine Naturhybride handelt. Im letzteren Falle werden als Eltern Paph. helenae und Paph. hirsutissimum var. esquirolei vermutet. Dies ist schon aufgrund des Aussehens, vor allem des Staminodiums, mehr als unwahrscheinlich. Mit dem Artnamen herrmannii würdigten FUCHS und REISINGER den deutschen Orchideenspezialisten Rolf HERRMANN, der diese Ehre zum Anlass nahm, den strittigen Sachverhalt endgültig zu klären. Im Jahre 2000 unternahm er nach umfangreichen Vorbereitungen eine Expedition nach Vietnam, wo er die Pflanzen an ihrem natürlichen Standort aufsuchte (Die Orchidee 63(1): 24-27, 2012). Die ihn begleitenden einheimischen Sammler und Führer bestätigten ihm, dass im Umkreis von 100 km keine weitere Frauenschuhart zu finden und damit eine Naturhybride auszuschließen ist. Die Vorkommen der potentiellen Eltern sind sogar 250-300 km entfernt. Bemerkenswerterweise liegt der ursprünglich angegebene Fundort von Paphiopedilum herrmannii im Norden Vietnams an der Grenze zu China, während HERRMANN südwestlich von Hanoi fündig wurde. Möglicherweise wurden die Standortangaben von Sammlern und auch Gärtnern falsch übersetzt und genauso falsch weitergegeben.

Paphiopedilum herrmannii

Paphiopedilum herrmannii ‘Fulerum’ SM/D.O.G.
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)

Paphiopedilum herrmannii

Habitus von Paphiopedilum herrmannii mit zwei Infloreszenzen
(Foto: Thomas Jacob)

Paphiopedilum herrmannii ist, wie alle Arten der Gattung, auf dem asiatischen Kontinent beheimatet. Sein natürliches Verbreitungsgebiet liegt in Vietnam, etwa 100 km südwestlich von Hanoi, wo es in Höhenlagen von ca. 650 Metern über dem Meeresspiegel senkrechte Felswände besiedelt. Das Habitat ist sehr gut drainiert. Das Klima ist subtropisch mit einer kühleren und trockeneren Jahreszeit von November bis März und einer heißen und feuchten von April bis Oktober. Der meiste Regen fällt hier zwischen Juli und September. Die Luftfeuchtigkeit ist ganzjährig hoch.

Paphiopedilum herrmannii ist eine fensterbanktaugliche Frauenschuhorchidee mit ansprechenden Blüten. Ich kultiviere meine Pflanze in einer Mischung aus mittlerer und feiner Rinde, Bimskies und Perlite. Das Substrat kalke ich alle sechs Monate mit Hüttenkalk auf. Auch andere Substrate und Zuschlagstoffe sind natürlich möglich. Wichtig ist, dass die Feuchtigkeit gut gehalten werden kann. Steinwoll- oder Schaumstoffwürfel, Sphagnum-Moos, Akadama, Kokosfasern etc. ‒ ich habe fast alles schon ausprobiert. Paph. herrmannii scheint keine besonderen Ansprüche an das Substrat zu stellen. Solange es immer feucht ist ‒ im Sommer richtig feucht bis nass, im Winter darf es leicht antrocknen ‒ und ausreichend Kalk geboten wird, ist dieses Paphiopedilum gerne bereit zu wachsen und zu blühen. Das Thema Kalk handhabt auch jeder ein bisschen anders. Wie oben schon geschrieben, kalke ich das Substrat alle sechs Monate mit Hüttenkalk auf. Hüttenkalk ist ein kohlensaurer Kalk, der leicht wasserlöslich ist und gut von der Pflanze aufgenommen werden kann. Damit habe ich die besten Erfahrungen gemacht. Ich habe aber auch schon sehr gut kultivierte Exemplare von Paph. herrmannii gesehen, die Muschelgritt im Substrat hatten, welches den nötigen Kalk liefert, oder auch Pflanzen, die gelegentlich mit Leitungswasser gegossen werden, um Kalk verfügbar zu halten. Auch hier muss jeder seine eigenen Erfahrungen sammeln, um herauszufinden, welcher der beste Weg ist. Viele Wege führen nach Rom, pardon, zur Blüte!

Das Gießwasser hat bei mir einen Leitwert von ca. 150-200 Mikrosiemens. Im Sommer wird alle paar Tage getaucht, im Hochsommer steht der Topf auch mal 1-3 Tage in einer Wasserpfütze. Bei tagelangen Regenfällen steht Paphiopedilum herrmannii im natürlichen Habitat auch kurzzeitig im Wasser. Das verträgt es gut, aber eben nur im Hochsommer, wenn auch die Temperaturen entsprechend hoch sind. Stehendes Wasser in Verbindung mit Kälte lässt die Wurzeln sofort faulen. Im Winter gieße ich nur alle paar Tage leicht auf das Substrat, sodass es nicht ganz austrocknet, aber auch nicht zu nass ist. Gedüngt wird bei mir nur von Frühling bis Anfang Herbst, alle 2- 4 Wochen. Das Düngerwasser hat dann einen Leitwert von 300-400 Mikrosiemens. Auch mein Dünger enthält zusätzlich nochmal etwas Kalk, was nicht bei jedem Dünger gegeben ist.

Wenn im Sommer die nächtlichen Temperaturen nicht mehr unter 15 Grad fallen, stelle ich mein Paphiopedilum herrmannii schattig ins Freie. Im Winter steht es hell am Westfenster im unbeheizten Büro bei 18-24 Grad tagsüber. Bei starkem Sonnenschein steigen die Temperaturen durch eine große westseitige Glasfront auch mal auf 30-32 Grad. Nachts fallen die Temperaturen auf 14-16 Grad. Die Pflanze verträgt auch etwas tiefere Temperaturen, deutlich unter 10 Grad sollten es auf Dauer aber nicht sein.

Durch den kompakten Wuchs und die im Verhältnis dazu große Blüte ist Paphiopedilum herrmannii ein echter Hingucker auf der Fensterbank. Viel Erfolg beim Kultivieren!

Paphiopedilum herrmannii

Paphiopedilum herrmannii – Einzelblüte
(Foto: Thomas Jacob)