Octomeria estrellensis – Eizelblüte
(Foto: Werner Holzmann)
Der brasilianische Botaniker Frederico Carlos HOEHNE beschrieb Octomeria estrellensis erstmals im Jahr 1937. Bis dato gibt es keinerlei Umgruppierungen in andere Gattungen – eine echte Seltenheit in der Welt der Taxonomie. Der Gattungsname Octomeria wurde vom schottischen Arzt und Botaniker Robert BROWN im Jahr 1813 begründet. Der Name setzt sich aus den griechischen Wörtern οκτώ (octõ = acht) und μέρος (meros = Teil) zusammen und wurde aufgrund der acht Pollinien gewählt, die jede Octomeria-Blüte besitzt. Der Artname estrellensis leitet sich von ihrer Herkunft aus der Serra da Estrella ab, einem Gebirgszug bei Petrópolis im Orgelgebirge. Weitere Informationen zur Geschichte könnt ihr der unten angehängten Seite aus unserer Zeitschrift entnehmen.
Die endemische Art findet sich ausschließlich an Standorten im südöstlichen Brasilien. Octomeria estrellensis wächst, wie alle Miniaturorchideen, epiphytisch. Das subtropische Klima des südöstlichen Brasiliens ist feucht und warm, in den höheren Lagen sind die Nächte zwar kühler, aber niemals gibt es wirklich eisige Temperaturen. Die Standorte sind sehr hell, teilweise mit direkter Sonneneinstrahlung. Niederschläge gibt es durch alle Jahreszeiten hindurch. Die Luftfeuchtigkeit ist ebenfalls immer sehr hoch.
Habitus von Octomeria estrellensis mit der auffallenden Rotfärbung des Laubs
(Foto: Werner Holzmann)
Seitenansicht der Blüte von Octomeria estrellensis
(Foto: Werner Holzmann)
Jeder Trieb besteht aus einem dünnen und sehr kurzen Stiel, auf dem jeweils ein einzelnes dunkelgrünes Blatt sitzt. Das Laub ist sehr fest und dient als Wasserspeicher, da Octomeria estrellensis keine Pseudobulben hat, in denen Wasser gespeichert werden könnte. Bei hohem Lichteinfall färbt sich das Laub rötlich. Ähnlich wie sich unsere Haut durch Pigmente im Sommer braun färbt, um sich vor Sonnenbrand zu schützen, bilden die Pflanzen dieser Art Anthocyan – ein rotes Pigment – mit dem sich das Blatt vor Verbrennung schützt. Die kleinen sternförmigen Blüten sitzen auf einer kurzen Infloreszenz, die an der Basis des Laubs entspringt. Jeder Blütentrieb trägt eine einzelne Blüte. Die Tepalen sind transluzent und zart cremefarben bis gelb gefärbt. Das Labellum ist an der Basis und den Seitenlappen violettrot überhaucht.
Kultivieren lässt sich Octomeria estrellensis zwar auch getopft in feiner Rinde oder Sphagnum-Moos, wesentlich einfacher ist aber eine aufgebundene Kultur in einer Vitrine oder einem Gewächshaus. Im Folgenden stelle ich euch die Kulturmethode von Werner Holzmann vor, der die Art seit einigen Jahren erfolgreich in einer Orchideenvitrine pflegt:
Wie oben schon erwähnt besitzt Octomeria estrellensis keine ausgeprägten Speicherorgane und muss somit dauerfeucht gehalten werden. Auch hohe Luftfeuchtigkeit wirkt sich sehr positiv auf Wachstum und Blühfreudigkeit aus. Aus diesem Grund kultiviert Werner Holzmann seine Pflanze in seiner Orchideenvitrine, wo hohe Luftfeuchtigkeit leichter zu erreichen ist. Er besprüht die kleine Pflanze täglich mit salzarmem Wasser. Mehrmals täglich laufen kleine Ventilatoren, die dafür sorgen, dass die Blätter abtrockenen können und nicht zu faulen beginnen. Alle vier Wochen gibt es etwas Dünger mit ins Wasser. Der Leitwert des Düngerwassers liegt bei 150-200 Mikrosiemens/cm.
In oberster Reihe, ganz nah am Licht, hängen die beiden Octomeria estrellensis in Werners Vitrine
(Foto: Werner Holzmann)
Beitrag in “Die Orchidee” 68(6): 465, 2017
(Foto: Zeichnung: H. Seehawer)
Natürliches Tageslicht erhalten die Pflanzen in seinem Orchidarium nicht. Er beleuchtet ausschließlich mit Kunstlicht. Derzeit nutzt er dafür noch eine Leuchtstoffröhre, die speziell auf die Kultur von Pflanzen ausgelegt ist. Aufgrund des Stromverbrauchs und des Umweltschutzes ist eine Umstellung auf LED-Lampen geplant. Ein weiterer Vorteil von LED-Lampen ist, dass sie kaum Temperatur erzeugen, was bei kühler zu kultivierenden Pflanzen natürlich deutlich besser ist. Leuchtstoffröhren können sehr heiß werden und je nach Anbringung die Vitrine stark aufheizen. Die Temperaturbedingungen in der Vitrine sind kühl-temperiert, da sie in einem unbeheizten Raum steht, in dem das Fenster nur bei Frost geschlossen wird. Im Sommer wird es natürlich auch mal etwas wärmer, was den Pflanzen aber nicht schadet.
Entgegen dem, was man so über diese Art lesen kann, bekommt die Pflanze bei Werner sehr viel Licht. In seiner Vitrine hängt sie ganz oben, in der Nähe der Beleuchtung. Die Rotfärbung der Blätter zeigt, dass sie damit gut umgehen kann und von Natur aus auf viel Licht eingestellt ist. Octomeria estrellensis blüht unter diesen Bedingungen sehr regelmäßig.
Als Unterlage zum Aufbinden nimmt Werner Holzmann sehr gerne Presskork. Er mag vielleicht nicht so langlebig sein, da er sich durch die andauernde Feuchtigkeit schnell zersetzt, dafür lässt er sich aber ganz einfach zerbröseln, wenn es an der Zeit ist die Pflanze neu aufzubinden. Früher oder später muss jede Unterlage ausgetauscht werden – wie bei seiner Octomeria estrellensis, die bisher auf einem Stück Ast sitzt, das sich allerdings langsam auflöst. Bei harten Materialien, die sich nicht zersetzen, hat man dann immer das Problem, dass man die Wurzeln nicht davon ablösen kann, ohne sie zu verletzten oder gar abzureißen.
Viel Erfolg beim Kultivieren!
Zwei verschieden Pflanzen von Octomeria estrellensis
(Foto: Werner Holzmann)