Dryadella edwallii – Einzelblüte
(Foto: Thomas Jacob)
Dryadella edwallii wurde ursprünglich 1906 von Célestin Alfred COGNIAUX in „Flora Brasiliensis“ als Masdevallia edwallii beschrieben. Der erst kürzlich verstorbene amerikanische Botaniker Carlyle August LUER – ein weltweit anerkannter Experte für Pleurothallidinae – begründete im Jahr 1978 in „Selbyana“ die Gattung Dryadella und kombinierte Masdevallia edwallii in diese neue Gattung um. Bis heute ist Dryadella edwallii der von World Checklist of Selected Plant Families (WCSP) anerkannte Name.
Wie bereits bei der schon vorgestellten Dryadella aurea erwähnt, leitet sich der Gattungsname vom lateinischen Wort Dryas ab. Dryaden sind in der griechischen Mythologie Baumnymphen, die als Gottheiten in großen sommergrünen Eichen residieren. Die Endung -ella ist das Diminutiv, also eine Verniedlichung dieser Baumnymphen.
Mit dem Artnamen edwallii ehrte C.A. COGNIAUX einen schwedischen Pflanzensammler des beginnenden 20. Jahrhunderts. Dryadella edwallii ist somit “Edwalls kleine Baumnymphe”, wenn man den botanischen Namen ins Deutsche übersetzen möchte. Laut der Orchideendatenbank von orchidspecies.com wird die Art mundartlich auch als »The Partridge in the Grass Orchid« bezeichnet. Übersetzt bedeutet dieser Name »Das Rebhuhn in der Gras-Orchidee« – nicht sonderlich wissenschaftlich, aber irgendwie putzig und passend.
Habitus von Dryadella edwallii
(Foto: Thomas Jacob)
Größenvergleich der Blüte von Dryadella edwallii mit meinem Finger
(Foto: Thomas Jacob)
Das natürliche Verbreitungsgebiet von Dryadella edwallii liegt in Brasilien. Die Art wächst dort auf Höhen von rund 1 300 Metern unter kühlen, selten auch temperierten Bedingungen. Vom späten Frühjahr bis in den frühen Herbst hinein gibt es deutlich weniger Niederschlag in Form von Regen, was zu einer kleinen Trockenphase führt. Wobei die starken Nebel, die besonders am Nachmittag heraufziehen, dafür sorgen, dass das Habitat niemals völlig austrocknet. Die kleinen und empfindlichen Epiphythen werden vom Laub der großen Bäume, auf denen sie sitzen, vor zu starker Sonneneinstrahlung geschützt. Hauptblütezeit ist im Sommer, wobei Dryadella edwallii das ganze Jahr hindurch Blüten hervorbringen kann.
Wie die meisten Pflanzen der Pleurothallidinae hat Dryadella edwallii keine Speicherorgane. An einem dünnen Stiel sitzt ein einzelnes festes Blatt. Der Stiel ist nur einen Zentimeter lang und von einer trockenen Hülle umgeben. Das Blatt ist dunkelgrün und verfärbt sich bei genügend Licht deutlich rötlich. Es ist stark gekielt, hat eine abgerundete Spitze und wird bis zu 5 cm lang. Am unteren Ende des Stiels, geschützt von der trockenen Hülle, entspringt die Infloreszenz, die nur 1 – 2 cm lang wird und eine einzelne leuchtend gelbe Blüte trägt, die auffallend rotbraun punktiert ist. Die Sepalen dominieren das Erscheinungsbild der Blüten. Die kleinen Petalen und das Labellum werden zusammen mit der Säule vom darüberliegenden Sepalum geschützt. Die Blüten von Dryadella edwallii sind deutlich größer als z. B. die von Dryadella aurea.
Kultivieren lässt sich Dryadella edwallii zwar auch getopft in feiner Rinde, Sphagnum-Moos oder auch mineralisch, wesentlich einfacher ist aber eine aufgebundene Kultur in einer Vitrine oder einem Gewächshaus. Meine Pflanze hängt in meiner noch recht neuen Orchideenvitrine. Die Pflanze ist aufgebunden auf ein Stück Kork ohne weitere Unterlage. Viel Arbeit macht sie mir nicht, da die Vitrine mit einer Beregnungsanlage ausgestattet ist, die einmal täglich ordentlich wässert und weitere Male kurz zur Befeuchtung der Luft anspringt. Mehrmals täglich laufen drei PC-Ventilatoren, die am Lüftungsgitter angebracht sind, damit sich die Luft in der Vitrine nicht staut. Die meisten Orchideen benötigen Luftbewegung und frische Luft, um gut zu gedeihen. Bei stehender Luft und hoher Luftfeuchtigkeit trocknen die Pflanzen nach dem künstlichen Regen nicht zügig genug ab und können dadurch Pilze oder andere Infektionen bekommen. Gute und regelmäßige Belüftung und Luftumwälzung sind in einer Orchideenvitrine daher unerlässlich. Die Beregnungsanlage arbeitet ausschließlich mit sehr salzarmem Regenwasser, dessen Leitfähigkeit bei ca. 15 – 20 µS/cm liegt. Durch diese Anlage wird eine Luftfeuchtigkeit zwischen 70 und 80% erreicht, direkt nach der Regendusche steigt sie auf über 90%.
Einmal im Monat werden die Pflanzen in der Vitrine etwas gedüngt. Hierfür nehme ich ein manuelles Sprühgerät und befüllte es mit leicht aufgedüngtem Regenwasser. Die Leitfähigkeit meiner fertigen Düngermischung liegt bei ungefähr 150 µS/cm. Die feinen Wurzeln der aufgebundenen Miniaturorchideen reagieren oft besonders empfindlich auf Düngersalze. Deshalb sollte man das Düngerwasser nicht auf trockene Wurzeln sprühen. Damit mir das nicht passiert, dünge ich grundsätzlich direkt nachdem die Beregnungsanlage alles schön befeuchtet hat.
Seitenansicht der Blüte von Dryadella edwallii
(Foto: Thomas Jacob)
Beleuchtet wird die Vitrine 12 Stunden täglich mit 3 verschiedenen Strahlern – lediglich einer davon ist eine stromsparende LED-Lampe. Die beiden anderen sind HQI-Strahler – sogenannte Metalldampflampen. Ein vierter Strahler schaltet sich über die Mittagszeit zusätzlich dazu, da es in der Natur ja auch nicht den ganzen Tag gleich hell ist. Die Lampen sind, wie die Beregnungsanlage auch, über Zeitschaltuhren gesteuert, sodass ich eigentlich keine Arbeit mit den Pflanzen in der Vitrine habe, außer das gelegentliche Düngen. Ich habe die Vitrine vor Kurzem mit der gesamten Technik übernommen, die sich über Jahre beim Vorbesitzer bewährt hat. Natürlich denke ich über eine Beleuchtung mit LED-Lampen nach. Allerdings macht mir dabei die Höhe der Vitrine etwas Sorgen. Der Innenraum ist über einen Meter hoch und auch am Boden stehen einige Pflanzen. LED-Lampen sollten meines Wissens nach aber nicht weiter als 30 bis 40 cm von den Pflanzen entfernt sein, da sonst zu wenig Licht ankommt. Ich werde mich erst noch besser informieren müssen, ehe ich eine Änderung vornehme, und euch natürlich davon berichten.
Da die Vitrine in unserem Wohnzimmer steht, sind die Bedingungen eher temperiert bis warm. Im oberen Bereich habe ich am Nachmittag schon 25 – 26 °C gemessen, im unteren Bereich klettert die Temperatur nicht über 22 °C. Nachts fällt sie dann auf ca. 18 – 19 °C im oberen Teil der Vitrine und auf 15 – 17 °C im unteren. Dryadella edwallii hängt eher im unteren Bereich, allerdings an einer sehr hellen Stelle mit viel Licht.
Nachdem Werner Holzmann seine beiden Baumnymphen als »Orchidee der Woche« vorgestellt hatte, wollte ich auch unbedingt eine haben. Es hat etwas gedauert, bis es dazu kam, aber gut Ding will eben manchmal Weile haben.
Viel Erfolg beim Kultivieren!