Angraecum Veitchii – Einzelblüte, nicht resupiniert
(Foto: Thomas Jacob)
Angraecum Veitchii wurde im Jahr 1899 von der britischen Baumschule James Veitch & Sons bei der Royal Horticultural Society (RHS) zur Registrierung angemeldet, woraufhin es in das dortige Register für Orchideenhybriden eingetragen wurde. Zur Dynastie der Familie Veitch, die die weltbekannte britische Baumschule über Generationen führte, gehörte auch der britische Gärtner, Botaniker und Pflanzensammler James Gould Veitch, der zahlreiche Pflanzenarten erstmalig beschrieb und nach dem ebenso zahlreiche Gattungen, Arten und Hybriden aus verschiedenen Pflanzenfamilien benannt sind. So auch das heute vorgestellte Angraecum Veitchii.
Der Gattungsname Angraecum leitet sich vom indonesischen Wort anggrék ab, welches mit Orchidee übersetzt werden kann. In Indonesien steht das Wort anggrék hauptsächlich für die echte Vanille (Vanilla planifolia), aber auch Dendrobium crumenatum (anggrék bawang) und Dendrobium pumilum (anggrék djamboe) tragen das indoniesische Wort für Orchidee in ihrem Namen.
Da Angraecum Veitchii eine Primärhybride ist, sind am Genpool lediglich zwei Arten beteiligt:
- 50% Angraecum sesquipedale
- 50% Angraecum eburneum
Teilweise sind die Blüten von Angraecum Veitchii auch resupiniert, wie diese drei Blüten einer Infloreszenz.
(Foto: Thomas Jacob)
Größenvergleich der Blüte von Angraecum Veitchii mit meiner Hand
(Foto: Thomas Jacob)
Beide monopodial wachsende Arten sind heimisch in den immergrünen Regenwäldern auf Madagaskar. Angraecum eburneum findet sich außerdem auf den Maskarenen, einer afrikanischen Inselkette im Indischen Ozean vor Madagaskar. Die Pflanzen wachsen epiphytisch unter sehr warmen bis heißen Temperaturbedingungen. Niederschlag gibt es das ganze Jahr hindurch.
Sowohl Angraecum sesquipedale wie auch Angraecum eburneum werden sehr groß. Die einzelnen Blätter erreichen eine Länge von 40 bis 50 cm, sie sind sehr fest und steif und dienen der Pflanze als Wasserspeicher. Während die Blüten von Angraecum sesquipedale resupiniert wachsen, sind die von Angraecum eburneum nicht resupiniert. Sie richten das Labellum also nach oben.
Die Blüten beider Arten sind sehr dickfleischig und fast wachsartig. Sie sind ausgesprochen langlebig und haben eine sehr feste Struktur. Das Labellum ist jeweils weiß, die Tepalen sind grünlich weiß gefärbt. Bei beiden Naturformen besitzen die Blüten einen zarten Duft.
Angraecum sesquipedale wurde bereits durch Charles Darwin berühmt, der in seinen Studien einen Bestäuber vorhersagte, der den Boden des bis zu 35 cm lang langen Sporns am hinteren Teil der Blüte erreichen kann. Einhundert Jahre später wurde diese Einschätzung bestätigt, als der Nachtfalter Xanthopan morganii praedicta von Tony Watkinson fotografiert werden konnte.
Eine Kultur auf der Fensterbank kommt aufgrund der Größe bei Angraecum Veitchii leider nicht infrage. Ein Wintergarten oder ein bodentiefes Fenster sollte es zumindest sein, wenn man kein Gewächshaus hat. Alternativ lässt sich der Lichthunger der Hybride natürlich auch mit künstlichem Licht stillen. Meine Pflanze steht an einem bodentiefen Fenster, das nach Süden ausgerichtet ist. Im Sommer wird die Pflanze allerdings schattiert, da es sonst zu Verbrennungen auf den Blättern kommen kann, die irreparabel sind. Während der ohnehin dunkleren Wintermonate, in denen die Sonne tiefer steht und somit nicht so intensiv ist, darf das Sonnenlicht ungehindert auf Angraecum Veitchii fallen.
Getopft habe ich meine Pflanze in grobes Rindensubstrat ohne weitere Zuschlagsstoffe. Da sich die Feuchtigkeit, bedingt durch den großen Topf, der nötig ist, um die Pflanze tragen zu können, recht lange hält, sind besonders feuchtigkeitsspeichernde Medien absolut nicht nötig. Wenn überhaupt, würde ich eher trocken bleibende Zusätze beimischen wie Holzkohle oder Styropor.
Aufgrund der ganzjährig hohen Temperaturen, die beide Elternteile am Naturstandort genießen, ist eine Kultur in beheizten Wohnräumen gut möglich. Ideal ist bei mir die offene Galerie meiner Wohnung über dem Wohnzimmer. Hier steigt das Thermometer im Winter auch tagsüber schnell auf 30 °C, da die warme Heizungsluft nach oben zieht. Nachts fallen die Temperaturen dann aber wieder auf circa 18 °C ab. Ein recht hohes Tag-Nacht-Gefälle also, das von vielen Orchideen ja sehr geschätzt wird.
Vollkommen durchtrocknen lasse ich den Topf meines Angraecum Veitchii nur äußerst selten. In der Regel wird einmal in der Woche getaucht oder zumindest durchdringend gegossen – je nach Zeit, da das Tauchen wegen der Größe natürlich nicht so schnell erledigt ist. Auch Dünger gibt es sehr regelmäßig in nicht allzu schwacher Konzentration. Die Leitfähigkeit meines Gießwassers hat mindestens 200 µS/cm. Meistens dünge ich allerdings auf 400 – 600 µS/cm auf.
Die Blüten von Angraecum Veitchii können variieren. Manchmal sind sie resupiniert, manchmal nicht. Bei einigen Individuen sind sie so groß wie bei Angraecum sesquipedale, bei manchen kleiner. Auch die Blütenanzahl pro Infloreszenz kann sich unterscheiden. Bei meiner Pflanze bilden sich meist 1 – 4 Blüten pro Blütentrieb, wie es für Angraecum sesquipedale üblich ist. Aber auch 10 – 15 Blüten pro Infloreszenz sind durch den Einfluss von Angraecum eburneum möglich, dabei sind sie dann aber oft auch etwas kleiner.
In jedem Falle ist es eine wunderbare Hybride, die zuverlässig jedes Jahr um Weihnachten herum blüht und mich mit ihren großen sternförmigen Blüten erfreut.
Viel Erfolg beim Kultivieren!
Habitus von Angraecum Veitchii
(Foto: Thomas Jacob)