Wasser & Dünger

Wasser – Quell des Lebens

Ohne Wasser gibt es kein Leben. Doch Wasser ist nicht gleich Wasser. Ob es für unsere Orchideen geeignet ist oder nicht, hängt davon ab, wie viele und welche Fremdstoffe darin enthalten sind.

Die zwei wichtigsten Werte, die uns dabei helfen, die Qualität des uns zur Verfügung stehenden Wassers im Hinblick auf unsere Orchideen zu beurteilen, sind die Leitfähigkeit und der pH-Wert.

Die Leitfähigkeit von Wasser sagt aus, wie gut Strom in Wasser geleitet wird. Reines (destilliertes) Wasser leitet Strom nur sehr schlecht. Je mehr Ionen im Wasser gelöst sind, desto besser wird der Strom geleitet. Die Leitfähigkeit (oder der EC-Wert) wird mit S/m (Siemens pro Meter) angegeben. Da die Einheiten für unser Trinkwasser bzw. unser »Orchideenwasser« deutlich kleiner sind als ein Siemens pro Meter – sie liegen lediglich im Mikro-Bereich – wird die Leitfähigkeit meist in µS/cm (Mikrosiemens pro cm) angegeben.

Eine hohe Leitfähigkeit von z. B. 800 µS/cm zeigt an, dass sich im Wasser sehr viele gelöste Salze (Nährstoffe, Spurenelemente und/oder Giftstoffe) befinden. Er sagt aber nichts darüber aus, welche Stoffe in welchem Verhältnis zueinander darin enthalten sind.

Um die Leitfähigkeit zu ermitteln, lohnt sich die Anschaffung eines Leitfähigkeitsmessgeräts (EC-Wert-Messgerät). Einfache Einsteigermodelle gibt es schon sehr preiswert. Wer sich noch genauer und intensiver mit der Materie beschäftigen möchte, kann für mehrere Hundert Euro ein kalibrierfähiges Profigerät erwerben. Wichtig ist, dass das Gerät auch die Temperatur misst und am besten gleich auf eine Temperatur von 25 °C umrechnet – die Leitfähigkeit wird nämlich immer bei einer Wassertemperatur von 25 °C angegeben.

Grundsätzlich sind Orchideen sogenannte Schwachzehrer, die in der Regel nicht viele Nährstoffe brauchen, um gesund zu wachsen. Je kleiner und feiner die Wurzeln sind, desto weniger gelöste Salze vertragen sie. Als Orientierungshilfe können folgende Werte genannt werden:

50 – 200           µS/cm für Miniaturorchideen wie Pleurothallidinae,

200 – 400         µS/cm für kleine bis mittelgroße Orchideen wie Paphiopedilum, Cattleya oder Phalaenopsis,

400 – 800         µS/cm für große Orchideenarten wie Cymbidum und viele mittelgroße Hybriden.

Der pH-Wert ist von immenser Bedeutung für alles Lebende auf der Erde. Enzyme, die für die biologischen Vorgänge verantwortlich sind, können nur bei richtigem pH-Wert ihre wichtigen Aufgaben erfüllen.

Der pH-Wert ist das Maß für die Konzentration von Wasserstoff-Ionen bzw. Hydronium-Ionen in einer Lösung, er liegt zwischen 0 und 14. Je höher dieser Wert ist, desto basischer ist das Wasser. Bei einem pH-Wert von 7 spricht man von einem neutralen Wert, der weder sauer noch basisch ist. Alles darunter ist sauer. Werte über 7 bezeichnet man als basisch (oder alkalisch). Nur reines Wasser hat bei Raumtemperatur einen neutralen pH-Wert.

Der Säuregrad, den der pH-Wert angibt, hat in der Orchideenkultur einen enormen Einfluss auf die Absorption (Aufnahme) der Nährstoffe durch die Wurzeln. Die besten Nährstoffe im ausgewogensten Verhältnis bringen also nichts, wenn diese durch einen falschen pH-Wert nicht von der Pflanze aufgenommen werden können. (Siehe hierzu auch: Boess, G. (2020): Hitzeschäden an Orchideen – woran liegt das? “Die Orchidee“ 71(4): 270-271). (Den Artikel findet ihr hier als PDF).

Ein idealer Wert für die Aufnahme der Nährstoffe liegt im schwach sauren Bereich, also unter 7. Werte zwischen 5,5 und 6,4 sind in der Regel die richtigen pH-Werte für eine erfolgreiche Orchideenkultur.

Grundsätzlich ist es immer hilfreich, sich über die Bodenbeschaffenheit und somit auch über den pH-Wert am Naturstandort seiner Orchideen zu informieren. Dr. Ernst Avenhaus hat hierzu in “Die Orchidee“ ??(?), 2019? einen aufschlussreichen Artikel über den Einfluss von verschiedenen Substraten auf den pH-Wert publiziert. (Den Artikel findet ihr hier als PDF).

Mit Lackmuspapier oder digitalen pH-Messgeräten lässt sich der pH-Wert recht einfach bestimmen. Im Handel sind einige für Pflanzen geeignete Säuren und Basen erhältlich, um einen gewünschten pH-Wert einstellen zu können.

Wasser

Leitungswasser

Das Leitungswasser in Deutschland hat zwar flächendeckend Trinkqualität, unterscheidet sich regional aber sehr. In einigen Regionen kann es durchaus für die Kultur von Hybriden und unempfindlichen Arten genutzt werden. Aber es gibt auch Regionen, in denen der Leitwert viel zu hoch ist, was zum »Verbrennen« der Wurzeln führen kann. Dies zeigt sich an braunen Stellen, die erst recht trocken sind und bei zu viel Feuchtigkeit zu faulen beginnen.

Um zu beurteilen, ob das Leitungswasser für die Orchideenkultur geeignet ist, sollten Leitwert und pH-Wert gemessen oder beim örtlichen Wasserversorger nachgelesen werden.

Regenwasser

Wer einen Garten oder Balkon besitzt, kann Regenwasser sammeln. Dieses enthält zunächst nur wenige gelöste Salze, ist grundsätzlich also gut geeignet für die Orchideenkultur. Es gibt aber örtliche Gegebenheiten, die den Leitwert auf ein zu hohes Maß ansteigen lassen und das Wasser dadurch für die Orchideenkultur unbrauchbar machen, z. B. durch Abgase belastete Luft, ein durch Vogelkot verunreinigtes Dach, eine korrodierte verzinkte Dachrinne usw.

Aquariumwasser

Da der Erfolg in der Aquaristik ebenso von einer guten Wasserqualität abhängt, kann man beim Wasserwechsel das Altwasser benutzen, sofern die entsprechenden Werte eingehalten werden.

Destilliertes Wasser

Destilliertes Wasser ist Wasser, das durch Destillation von sämtlichen Verunreinigungen befreit wurde. Für die Orchideenkultur ist es nur nutzbar, wenn dem Wasser Nährstoffe und Spurenelemente in Form von Dünger hinzugefügt werden. Pur verwendet würde die Orchidee auf Dauer »verhungern«. Gut geeignet ist es hingegen, um ein Versalzen des Substrats zu verhindern, da es sich gerne mit Salzen verbindet und diese aus dem Pflanzstoff spült.

Übrigens: Nicht jedes destillierte Wasser aus dem Kanister ist wirklich destilliert. Sehr oft handelt es sich eigentlich um entmineralisiertes Wasser.

Entmineralisiertes Wasser

Dabei handelt es sich um Wasser, dem durch einen sogenannten Ionentauscher fast alle Fremdstoffe entzogen wurden. Deshalb muss ebenfalls mit Dünger für Nährstoffe gesorgt werden.

Einfache Wasserfilter auf Basis von Ionenaustausch für die Küche entziehen meist zu wenige der Stoffe, sodass das Wasser unter Umständen auch nach dem Filtern nicht für empfindliche Orchideen geeignet ist. Profigeräte aus der Aquaristik zum Beispiel sind deutlich effektiver und erzielen fast so reines Wasser wie durch Destillieren. Allerdings muss das Filtermaterial des Ionentauschers regelmäßig chemisch gereinigt werden. Dafür entsteht keinerlei überschüssiges Abwasser wie etwa bei Osmose.

Osmosewasser

Ähnlich wie das entmineralisierte Wasser ist Osmosewasser ebenfalls gefiltertes Wasser, das nur sehr wenige Zusatzstoffe enthält. Osmoseanlagen für den privaten Gebrauch werden schon recht günstig angeboten. Auch hier kann der Orchideenliebhaber nach dem Filtern mit dem richtigen Dünger die passenden Werte einstellen und das Wasser für die Kultur brauchbar machen.

Ein Nachteil der Umkehrosmose ist, dass dabei Abwasser anfällt, dessen Leitwert dann extrem hoch und das somit nicht mehr für Orchideen geeignet ist. Allerdings kann es noch im Garten und bei unempfindlichen Zimmerpflanzen benutzt werden. Regelmäßige Filterwechsel stehen auch bei der Umkehrosmose an.

Gewässer

Brunnenwasser, Quellwasser und das Wasser aus Flüssen, Bächen und Seen ist regional so unterschiedlich, dass es mancherorts gut geeignet sein kann und andernorts auf keinen Fall infrage kommt. Wer Zugang zu derartigen Gewässern hat, kann die wichtigen Werte ermitteln und so überprüfen, ob es sich um qualitativ hochwertiges »Orchideenwasser« handelt oder nicht.


Wasser aus dem Kondenswäschetrockner

Hier scheiden sich die Erfahrungsberichte von Orchideenliebhabern. Während es die einen wärmstens empfehlen, da es sich im Grunde um destilliertes Wasser (durch Verdampfen und Kondensation) handelt, verteufeln es die anderen, da das Wasser eventuell Rückstände des Waschmittels und Weichspülers sowie Faserreste des getrockneten Gewebes enthält. Auch hier helfen wieder die Messgeräte, aber auch die menschlichen Sinne. Riecht das Wasser nach Waschmittel und Parfümstoffen oder sieht es verunreinigt aus, sollte es nicht verwendet werden.

WassertemperaturNicht zuletzt spielt natürlich auch die Temperatur des Wassers eine Rolle. Es sollte Zimmertemperatur haben und nicht zu sehr von der normalen Umgebungstemperatur der Orchideen abweichen. Pflanzen, die also sehr warm stehen, sollten auch mit handwarmem Wasser gegossen werden. Orchideen, die im Winter im kalten Treppenhaus oder im kühlen Bereich eines Gewächshauses kultiviert werden, sollten dagegen kein zu warmes Wasser erhalten.

Sogar Wasser in seiner kühlsten Form – dem Eiswürfel – kann in der Orchideenkultur Anwendung finden. Wie Thomas Jacob im Beitrag zu Disa uniflora erläutert, legt er an heißen Sommertagen Eiswürfel auf das Substrat, um die Wurzeln kühl zu halten. Disa uniflora wächst in Afrika direkt an Gebirgsbächen und -flüssen, deren kaltes Wasser regelmäßig die Wurzeln umspült.

Tauchen – Gießen – Sprühen – Semi-Hydro

Nachdem wir uns Gedanken über die Wasserqualität gemacht haben, wollen wir uns nun mit dem Wässern selbst beschäftigen. Dafür müssen wir uns das Klima im natürlichen Verbreitungsgebiet der zu kultivierenden Art anschauen. Wie hoch sind die Temperaturen? Wie viel Niederschlag gibt es? Wie ist er aufs Jahr verteilt? Gibt es eine Trockenzeit? Wie lange hält sie an?

Einige Orchideenarten machen eine ausgeprägte Ruhezeit ohne oder mit sehr wenig Niederschlag durch. Wird in dieser Zeit zu viel gegossen, ist die Gefahr groß, dass die Pflanze von Fäulnis befallen wird und abstirbt. Im Zweifel sollte man also etwas weniger gießen und die Pflanze beobachten, denn Orchideen verfaulen eher, als dass sie vertrocknen.

Generell kann man sagen, dass bei höheren Temperaturen im Kulturraum auch mehr Wasser benötigt wird, besonders im Sommer während der Wachstumsphase.

Abhängig von den Ansprüchen der Pflanzen, der Jahreszeit und Temperatur haben sich folgende Methoden des Wässerns bei Orchideen bewährt:

Tauchen

Beim Tauchen wird der gesamte Topf, bei aufgebundenen oder wurzelnackten Pflanzen der gesamte Wurzelbereich ins Wasser getaucht und darf sich dort einige Minuten lang vollsaugen.

Zu dichtes oder altes, zersetztes Substrat trocknet nach dem Tauchen nur sehr langsam ab. Deshalb sollte man besonders in den kühleren Wintermonaten getopfte Pflanzen lieber vorsichtig gießen als tauchen.

Ein Nachteil beim Tauchen ist, dass man dabei jeden Topf in die Hand nehmen muss

Gießen

Das berühmte »Schnapsglas pro Woche«, das für Orchideen ausreichen soll, reicht eben meist nicht. Dennoch kann das normale Gießen, wie wir es bei vielen anderen Topfpflanzen praktizieren, auch bei der Orchideenkultur angewendet werden. Das Substrat saugt sich nicht so sehr mit Wasser voll und trocknet schneller wieder ab, was die Gefahr von faulenden Wurzeln reduziert.

Besonders in den kühlen Wintermonaten ist das Gießen eine gute Wahl für viele Arten und Hybriden, die nicht zu feucht stehen möchten und eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Ruhezeit durchleben. Je nach individuellem Feuchtigkeitsbedarf der Pflanze wird durchdringend oder sparsam gegossen.

Sprühen

Sprühen ist grundsätzlich eine sehr natürliche Art der Wassergabe. Schließlich simuliert es den Regen in der Natur. Allerdings gibt es hierbei, besonders bei der Kultur im Wohnraum, einige Schwierigkeiten. Bei zu wenig Luftbewegung kann Wasser auf den Blättern oder im Herz zu Fäulnis führen, wenn es nicht schnell genug abtrocknet. Dies gilt besonders bei niedrigeren Temperaturen. Ventilatoren können Abhilfe schaffen.

Sprühen, um die Luftfeuchtigkeit im Zimmer zu erhöhen, ist meist sinnlos. Die Luftfeuchtigkeit steigt zwar kurzfristig stark an, fällt aber bereits nach wenigen Minuten auf ein ähnlich niedriges Niveau wie zuvor. In einem Gewächshaus oder einer Orchideenvitrine hält sich die Luftfeuchtigkeit sehr viel länger. Deshalb muss beim Sprühen ganz besonders auf Faktoren wie Temperatur, Luftbewegung und -austausch geachtet werden.

Semi-Hydrokultur
Im Gegensatz zur Hydrokultur wachsen die Wurzeln der zu kultivierenden Pflanze bei Semi-Hydrokultur nicht im Wasser, sondern im Pflanzstoff, der entweder in etwas Wasser steht oder mithilfe der Dochtmethode und eines Wasserreservoirs dauerhaft feucht gehalten wird. Solche Systeme kann man fertig kaufen oder selbst bauen

Bei einer anderen Methode der Semi-Hydrokultur werden die Pflanzen in ein geschlossenes Gefäß gepflanzt, in dem am Boden immer etwas Wasser stehen bleibt. Ist es aufgebraucht, wird wieder gegossen. Transparente Gefäße helfen dabei, die Feuchtigkeit im Pflanzstoff zu kontrollieren. Die Methode ist auch als SGK (Substrat-Glas-Kultur) bekannt.

Wenn der passende Pflanzstoff benutzt wird, ist Semi-Hydrokultur für solche Orchideenarten und -hybriden geeignet, die es gerne dauerhaft feucht haben.

Einige Orchideenarten mögen auch die Kultur mit nassem Fuß. Hierbei steht der Topf in einer Schale, in der immer etwas Wasser vorhanden ist. Diese Methode ist besonders bei mineralischen Substraten zu empfehlen und selbst in normalem Rindensubstrat zum Beispiel bei Phragmipedium sehr erfolgreich. Der große Vorteil von Semi-Hydrokulturen ist, dass man nur sehr wenig Zeit für die Wasserversorgung der Orchideen aufbringen muss.

Fazit

Mit schnell mal Wasser aus der Leitung nehmen ist es bei Orchideen meist nicht getan. Wer sich ernsthaft mit ihrer Kultur beschäftigen und Erfolge erzielen will, der sollte sich auch mit seinem Wasser und Gießverhalten auseinandersetzen. Ein Großteil der Kulturfehler findet sich im Themenbereich rund ums Wasser.