Das Substrat – Basis einer erfolgreichen Kultur

Kulturmethoden

  • Wurzelnackt – hierbei werden die Pflanzen meist an einen Draht gebunden und ohne Substrat oder Unterlage kultiviert, alle Wurzeln liegen frei. Im Sommer muss täglich gewässert werden, damit die Pflanzen nicht vertrocknen. Gut geeignet ist die Methode für epiphytische Orchideen, die sehr viel Luft an den Wurzeln benötigen, wie z. B. alle Arten und Hybriden der Gattung Vanda.
  • Aufgebunden – bei dieser Methode werden die Pflanzen auf feste Unterlagen, wie Rindenstücke, gebunden. Die Wurzeln wachsen an der Unterlage entlang und halten sich an dieser fest. Um sie etwas gleichmäßiger mit Feuchtigkeit zu versorgen, kann man sie ‒ je nach Bedarf ‒ mit Moos oder anderem wasserhaltendem Pflanzstoff bedecken.

Diese Kultur ist besonders für kleine Orchideen empfehlenswert, die in einer luftfeuchten Umgebung, z. B. einer Vitrine, gepflegt werden. Es gibt aber auch Arten, die aufgebunden auf der Fensterbank gedeihen. Siehe hierzu die Beiträge zu Seidenfadenia mitrata und Chiloschista parishii in unserer Kategorie “Orchidee der Woche“.

  • Getopft – dies ist die häufigste Art der Kultur und eignet sich für die meisten Orchideenarten und -hybriden. Dabei sind die Wurzeln mehr oder weniger von Pflanzstoff umgeben und werden dadurch länger mit Feuchtigkeit versorgt. Auch Pflanzen, die es richtig nass mögen, fühlen sich im Topf wohl, so z. B. die meisten Phragmipedien, darunter auch das ebenfalls als “Orchidee der Woche“ vorgestellte Phragmipedium besseae.

Organisch, mineralisch oder künstlich?

Hat man die Frage nach der Kulturmethode entschieden, muss man darüber nachdenken, aus welchem Material das Substrat oder die Unterlage bestehen sollen. Hierbei wird zwischen organischen (Pflanzenteile), mineralischen (Steine und Ton) und künstlichen Stoffen (Styropor, Steinwolle) unterschieden. Letztere werden meist nur als Zuschlagstoffe verwendet.

Organische Pflanzstoffe

sind nachwachsende Rohstoffe und zu 100 Prozent biologisch abbaubar. Sie zersetzen sich je nach Feuchtigkeitsgehalt mehr oder weniger schnell. Einerseits werden durch diesen Prozess Nährstoffe freigesetzt, von denen die Orchidee profitiert, andererseits muss häufiger umgetopft werden, weil sich dadurch das Substrat verdichtet, kaum noch abtrocknet und keine Luft mehr an die Wurzeln lässt, die dann schnell verfaulen können.

Grundsätzlich bedeutet Umtopfen immer Stress für eine Pflanze und sollte nur dann erfolgen, wenn es sein muss.

  • Rinde ist in der Orchideenkultur allgegenwärtig – ob als großes Stück zum Aufbinden von Orchideen oder als feines Substrat für getopfte Jungpflanzen. Rinde ist in der Lage, etwas Wasser zu speichern, und trocknet je nach Körnung recht zügig ab ‒ ideal also für alle Epiphyten, deren Wurzeln nicht dauerhaft nass sein sollen. Aber auch feuchtigkeitsliebende Orchideen können sich in Rinde wohlfühlen, wenn das Gießverhalten dementsprechend angepasst wird. Besonders in den warmen Sommermonaten muss dann öfter gegossen oder getaucht werden. Oft werden dem Rindensubstrat noch Zuschlagstoffe beigefügt, um die Wasserspeicherkapazität zu erhöhen oder den Pflanzstoff luftiger zu machen. Konstante Feuchtigkeit ist mit Rinde nur schwer zu erzielen. Man hat immer einen gewissen Wechsel von nasseren und trockeneren Phasen, was den Bedürfnissen vieler Orchideen entgegenkommt. Gleichmäßige Feuchtigkeit erreicht man bei der Kultur mit »nassem Fuß«. Dies ist für die meisten Orchideen aber nicht empfehlenswert.
  • Sphagnum-Moos kommt sowohl in getrockneter als auch in lebender Form für die Orchideenkultur infrage. Es wird gerne als Unterlage für aufgebundene Pflanzen benutzt. Aber auch als Pflanzstoff im Topf eignet es sich gut. Lebendes Moos ist selbst sehr salzempfindlich und kann bei salzempfindlichen Orchideenarten als Indikator für die richtige Wasserqualität genutzt werden. Solange das Moos schön grün bleibt und weiterwächst, stimmt auch die Wasserqualität für sensible Pflanzen. Der wohl größte Nachteil von Sphagnum-Moos ist, dass es sich sehr schnell mit Salzen anreichert, weswegen jährlich neu getopft werden sollte. Sein großer Vorteil ist, dass es sehr viel Wasser speichern kann, das nach und nach an die Pflanze abgegeben wird. Durchtrocknen darf es aber nicht, sonst wird es als Pflanzstoff unbrauchbar. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich ursprünglich um getrocknetes oder lebendes Sphagnum-Moos gehandelt hat, stete Feuchtigkeit muss gewährleistet sein.
  • Kokosfasern und Kokoschips – Die äußere Hülle von Kokosnüssen hat sich in den letzten Jahren ebenfalls in der Orchideenszene etabliert, erhältlich als lose Fasern und als grobe Stücke. Bevor sie als Pflanzstoff verwendet werden können, müssen sie mehrmals gut mit klarem Wasser durchgespült bzw. eingeweicht werden, um die enthaltenen Salze auszuschwemmen. Empfindliche Orchideenwurzeln würden sonst sehr schnell verbrennen. Kokosfasern und -chips können ebenfalls sehr viel Wasser speichern und zersetzen sich nicht ganz so schnell wie Rindenstücke. Allerdings reichern sie sich ähnlich wie Sphagnum-Moos schnell mit Salzen an. Regelmäßiges Durchspülen des Topfes mit klarem Wasser ist also auch während der Kultur zwingend erforderlich.
  • Holzkohle wird lediglich als Zuschlagstoff genutzt, das heißt, sie wird anderen Pflanzstoffen beigemischt. Da Holzkohle kaum Wasser aufnimmt und zudem sehr leicht ist, lockert sie den Pflanzstoff und sorgt für etwas trockenere Stellen innerhalb des Topfes. Sogenannte Aktivkohle wirkt außerdem antibakteriell und schützt die Wurzeln bei Verletzungen vor Infektionen. ABER: Nicht jede Kohle ist Aktivkohle. Erst durch komplizierte Verfahren entsteht aus pflanzlichen, tierischen, mineralischen oder petrochemischen Stoffen Aktivkohle.

Mineralische Pflanzstoffe

Der große Vorteil von mineralischen Substraten ist, dass sie sich nicht zersetzen. Somit müssen die Pflanzen erst neu getopft werden, wenn das Pflanzgefäß zu klein geworden ist, was oft erst nach vielen Jahren der Fall ist. Besonders geeignet sind mineralische Pflanzstoffe für alle Orchideen, die eine gleichmäßige Feuchtigkeit lieben und nicht völlig abtrocknen möchten. Der Topf kann dauerhaft in eine Schale mit Wasser gestellt werden. Durch die Kapillarität der Pflanzstoffteile wird das Wasser nach oben gezogen, wodurch eine gleichmäßige Feuchtigkeit im Topf entsteht, ohne dass das Substrat und die Wurzeln zu nass werden. Der Nachteil von mineralischen Substraten ist ihre Temperatur. Im Vergleich zu organischen oder künstlichen Pflanzstoffen sind sie deutlich kühler. Sie eignen sich also nicht für wärmeliebende Orchideenarten.

  • Lavagranulatist sehr porös, kann dadurch sehr viel Wasser speichern und ist verhältnismäßig leicht. Im Handel angebotenes Lavagranulat hat üblicherweise eine Korngröße von 2-8 mm, gröbere Körnung wird als Lavamulch, kleinere als Lavasand bezeichnet. Besonders das Granulat hat sich in der Orchideenkultur inzwischen fest etabliert. Mulch hat eine zu niedrige Kapillarität und bleibt deswegen zu trocken, Lavasand wird zu nass. Ein kleiner Nachteil von Lava ist, dass die Oberfläche voller scharfer Kanten ist. Beim Umtopfen muss also sehr vorsichtig gearbeitet werden, damit man die feinen Wurzeln nicht verletzt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es speichert gut Wasser, ist verhältnismäßig leicht und luftig und zersetzt sich nicht. Rot gefärbte Lava sollte unter keinen Umständen verwendet werden, da diese sehr eisenhaltig ist.
  • Akadama oder Akadama-Erde wird aus Vulkanaschenlehm aus der japanischen Kantō-Region gewonnen und gebrannt (“harte Qualität“) und ungebrannt (“hohe Qualität“) angeboten. Erstere, die auch in der Bonsaikultur Verwendung findet, hat sich für die Kultur von feuchtigkeitsliebenden Orchideen ebenfalls als geeignet erwiesen. Der pH-Wert von Akadama liegt im schwach sauren Bereich (zwischen 5 und 6). Es ist, wie alle mineralischen Substrate, strukturstabil und bietet durch die grobe Körnung eine gute Belüftung der Wurzeln. Auch als Zuschlagstoff in Rindengemisch eignet sich Akadama sehr gut, um die Speicherkapazität des Substrats zu erhöhen.
  • Bimskies wird in der Orchideenkultur selten pur verwendet, wobei auch das möglich ist. Er sorgt für eine optimale Belüftung der Wurzeln und ist als »Bodenverbesserer« im Gartenbau seit Jahrzehnten sehr geschätzt. Bimsgestein ist eng verwandt mit Lava, allerdings noch poröser und somit leichter als diese. Außerdem ist seine Oberfläche weniger scharf als die von Lava.
  • Perlit ist ebenfalls seit vielen Jahren ein fester Bestandteil im Gartenbau und in der Orchideenkultur. Er ist pH-neutral, sehr leicht, strukturstabil und speichert hervorragend Wasser. Auch er wird hauptsächlich als Zuschlagstoff verwendet, um das Substrat luftiger und leichter zu machen. Vorsicht ist geboten bei Perlit, der als Baustoff angeboten wird. Dieser ist oft mit Silikon o. ä. überzogen und deshalb für die Orchideenkultur ungeeignet.
  • Blähton besteht aus kalkarmem Ton mit feinen organischen Bestandteilen, der bei hohen Temperaturen gebrannt wird und dadurch seine Strukturstabilität erhält. Er ist ein guter Wasserspeicher und bindet keine Nährstoffe. Die Nährstoffzufuhr lässt sich somit genauer kontrollieren. Blähton kann sowohl pur oder auch als Zuschlagstoff verwendet werden.

Künstliche Substrate

Der wohl größte Nachteil der künstlichen Substrate ist, dass sie nach dem Gebrauch im Restmüll entsorgt werden müssen.

  • Styropor oder auch Polystyrol genannt ist extrem leicht und nimmt kaum Wasser auf. Dadurch eignet es sich sehr gut als Drainageschicht im Topfboden oder auch zum Auflockern des Substrats. Ähnlich wie Holzkohle schafft es etwas trockenere Bereiche innerhalb des Pflanzgefäßes und sorgt für eine gute Belüftung der Wurzeln. Auch wenn es gegen Wasser beständig ist, verrottet Styropor bei UV-Einstrahlung und ist deshalb in transparenten Töpfen nicht strukturstabil.
  • Steinwollwürfel sind beständig gegen Schimmel, Fäulnis und Ungeziefer. Sie können extrem viel Wasser aufnehmen, speichern und langsam abgeben. Besonders für sehr feuchtigkeitsliebende Orchideen können sie sowohl pur als auch als Zuschlagstoff Verwendung finden. Ihre faserige Struktur mit großen Zwischenräumen gewährleistet eine gute Belüftung der Wurzeln. Im Laufe der Zeit verdichten sich die Bestandteile allerdings und es muss regelmäßig – spätestens nach zwei Jahren – neu getopft werden.