Thrixspermum centipeda
Thrixspermum centipeda
(Foto: Thomas Jacob)
Der portugiesische Missionar und Botaniker João de LOUREIRO beschrieb die Art erstmals im Jahre 1790 in „Flora cochinchinensis“. Obwohl seit damals einige Umkombinationen vorgenommen wurden, ist Thrixspermum centipeda heute noch immer der von Kew akzeptierte Name. Den Gattungsnamen Thrixspermum legte LOUREIRO im gleichen Werk fest, er leitet sich von den griechischen Wörtern θριξ (Thrix = Haare) und σπέρμα (Sperma = Samen) ab und bezieht sich auf die haarartigen Samen der Gattung. Der Artname centipeda spielt auf die Infloreszenzen an, die wie Hundertfüßer aussehen. Centi– bedeudet soviel wie Hundertster, –peda leitet sich von pes, dem Fuß, ab.
Heimisch ist die Art in weiten Teilen Asiens. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Vietnam über China, Kambodscha, Bhutan, Indien, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, Thailand und Borneo bis nach Sulawesi und zu den Philippinen. Man findet Thrixspermum centipeda dort auf Höhen von 300 bis 1300 Metern. Je nach Lage variieren die Temperaturen von kühl bis heiß. An vielen Standorten wird das Wetter vom Monsun beeinflusst. Das heißt, die Sommer sind sehr feucht mit vielen Niederschlägen und die Winter sehr trocken mit kaum – oder gar keinem – Niederschlag. Die Art wächst epiphyitsch an Baumstämmen in Auwäldern und gelegentlich auch lithophytisch an steilen Felsklippen in eher schattigen Bereichen ohne direkte Sonneneinstrahlung.
Das monopodial wachsende Thrixspermum centipeda bildet einen sehr dünnen und langen Stamm, der von wechselständigen Blättern umgeben ist. Zwischen den einzelnen Blättern sind mehrere Zentimeter Zwischenraum. Meist wachsen die Triebe leicht überhängend und nicht aufrecht. Die glänzenden, länglich schmalen Blätter haben abgerundete Enden und sind fest und fleischig. Sie werden ca. 10 cm lang und 2-3 cm breit und sind leicht gekielt. Zwischen den Blättern entspringen die Infloreszenzen aus dem Stamm. Sie bilden mehrmals hintereinander Knospen und bleiben über Jahre hinweg erhalten. So können im Laufe der Zeit an einer Pflanze unzählige Blütentriebe sein, die über das Jahr hinweg kahl sind, aber nicht eintrocknen. Im Frühjahr beginnt die Blühsaison. An allen alten und neuen Infloreszenzen entstehen ca. 5 cm große Blüten, die entweder gelb oder orange gefärbt sind. Die Tepalen sind sehr dünn und lang. Sie wirken fast wie Spinnenbeine. Das Labellum ist nur wenige Millimeter groß und weiß gefärbt. Es hat teilweise rote Flecken. Die Blüten öffnen sich nur wenige Stunden, ehe sie sich wieder schließen und dann direkt verwelken. Dafür entstehen bis in den Sommer hinein immer wieder neue Knospen, wodurch sich die Blütezeit über einige Monate hinzieht. Die Blüten duften nicht.
Die Blüten von Thrixspermum centipeda drehen sich in alle Richtungen
(Foto: Thomas Jacob)
Die Infloreszenzen von Thrixspermum centipeda erinnern tatsächlich an Hundertfüßer
(Foto: Thomas Jacob)
Ich bin an mein Thrixspermum centipeda durch Zufall gekommen. Ich gewann es bei einer Tombola unserer D.O.G.-Gruppe und wusste erst nicht recht, ob ich es behalten mag oder nicht. Inzwischen muss ich sagen, dass ich es nicht mehr hergeben möchte, da es recht unkompliziert in der Kultur ist und besonders im Frühjahr Spaß macht, da es immer leuchtend gelbe Blüten trägt.
Getopft ist meine Pflanze in mittelgrober Rinde mit etwas Perliten in einem durchsichtigen Plastiktopf, damit ich die Feuchtigkeit gut kontrollieren kann. Die Wurzeln sind typische Epiphyten-Wurzeln, wie bei Phalaenopsis oder Vanda zum Beispiel. Werden sie gewässert, verfärben sie sich grün. Nach dem Abtrocknen werden sie wieder silbrig. Daher auch der transparente Topf. Im Sommer gieße ich, wenn das Substrat noch etwas Restfeuchtigkeit hat, aber die Wurzeln sich schon langsam silbrig färben. Im Winter warte ich dagegen, bis der Topf komplett durchgetrocknet ist, bevor ich wieder wässere. Gedüngt wird im Sommer bei jedem Gießen, allerdings in schwacher Konzentration. Das Düngerwasser hat einen Leitwert von 250-300 Mikrosiemens/cm. Im Winter dünge ich gar nicht, da in dieser Zeit der Stoffwechsel der Pflanze durch die kurzen, trüben Tage mit wenig Licht herunterfährt. Während dieser Zeit reichen die im Substrat eingelagerten Nährstoffe aus.
Thrixspermum centipeda steht bei mir hell, aber ohne direkte Sonneneinstrahlung auf einem Regal, das ca. zwei Meter von einem sehr großen, deckenhohen Südfenster entfernt ist. Dort scheint es ihm sehr zu gefallen. Die Länge des Stamms hat sich in einem Jahr locker verdoppelt. Aus vier Infloreszenzen wurden inzwischen sieben und auch ein neuer Seitentrieb hat sich vor Kurzem gebildet.
Die Temperaturverhältnisse im Kulturraum sind temperiert/warm. Auch im Winter fallen die nächtlichen Temperaturen nicht unter 16 Grad. Tagsüber können sie bei Sonnenschein durch das große Südfenster auch auf 28-30 Grad ansteigen. Im Sommer ist es natürlich mindestens genauso warm, eher noch wärmer. Durch das große Verbreitungsgebiet in verschiedenen Klimazonen dürften aber auch kühlere Temperaturen von Thrixspermum centipeda gut vertragen werden.
Als Thrixspermum centipeda das erste Mal bei mir blühte, dachte ich, dass ich etwas total falsch machen muss. Eines Abends sah ich, dass die Knospen aufplatzten, und als ich am nächsten Abend von der Arbeit kam, sahen sie im Grunde noch (oder wieder) genauso aus. Am Morgen danach waren sie schon verwelkt und fielen ab. Ich recherchierte nochmal im Internet über die Art und fand heraus, dass die Blüten nur ein paar Stunden halten, sich dann wieder schließen und verwelken. In einigen Quellen sind zwei bis drei Tage an Blühdauer angegeben. Allerdings ist damit der ganze „Blühprozess“ gemeint. Also vom Aufploppen der Knospe bis zum Verwelken. Wirklich schön gestreckte Tepalen hat die Blüte nur wenige Stunden. Als dann einige Tage später die nächsten Knospen kamen, schaute ich alle ein bis zwei Stunden danach, damit ich nicht wieder eine Blüte verpasste und Fotos machen konnte. Anfangs hat mich diese kurze Blühdauer etwas genervt, aber inzwischen finde ich es sehr spannend, den richtigen Moment zu erwischen, um die Blüten zu sehen. Da es das ganze Frühjahr hindurch Blüten gibt, bekommt man auch viele der Blüten zu sehen. Mit der Zeit weiß man auch anhand der Größe und Farbe der Knospen, wann es wieder so weit ist, und kann sich auf die Lauer legen.
Wer gerne auf Orchideenblüten-Jagd geht und kein Problem damit hat, sich stundenlang auf die Lauer zu legen, um den richtigen Moment zu erwischen, der ist mit dem unkomplizierten Thrixspermum centipeda bestens bedient! Viel Erfolg beim Kultivieren!
Habitus von Thrixspermum centipeda
(Foto: Thomas Jacob)