Seitenansicht der Blüte von Scaphosepalum rapax
(Foto: Thomas Jacob)
Der deutsche Botaniker Ernst Hugo Heinrich Pfitzer begründete die Gattung Scaphosepalum im Jahr 1888 in “Die Natürlichen Pflanzenfamilien“. Der Name setzt sich aus dem griechischen Wort skaphís (= kleines Schiff, Wanne) und dem lateinischen Wort sepalum (= Kelchblatt) zusammen und bezieht sich auf die zusammengewachsenen konkaven Sepalen. Carlyle August Luer beschrieb Scaphosepalum rapax erstmalig in “Selbyana“ im Jahr 1976. Bis zu seinem Tod im November 2019 widmete sich Luer ganz der Erforschung der Pleurothallidinae und beschrieb zahlreiche Arten neu.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Scaphosepalum-Arten kommt Scaphosepalum rapax am Naturstandort in Ecuador unter warmen Temperaturbedingungen vor. Die kleinwüchsigen Pflanzen siedeln epiphytisch in feuchten Bergwäldern in Höhenlagen von 450 bis 1 200 Metern. Niederschlag gibt es das ganze Jahr hindurch. Während der Wintermonate nehmen diese zwar ab, das Habitat von Scaphosepalum rapax trocknet durch die hohe Luftfeuchtigkeit aber nie vollkommen aus.
Die Art bildet dünne, bis zu 3 cm lange Stiele aus, auf denen jeweils ein einzelnes Blatt sitzt. Das Laub ist dunkelgrün, bis zu 7 cm lang und sehr fest. Am Triebansatz entstehen die Infloreszenzen, die revolverartig eine Blüte nach der anderen entwickeln. Nur selten sind mehr als eine Blüte an einer Infloreszenz gleichzeitig geöffnet. Jeder Blütentrieb kann mehrere Jahre lang blühen und dadurch sehr lang werden. Hauptblütezeit ist im Winter und Frühjahr, wobei Scaphosepalum rapax aber das ganze Jahr über blühen kann. Die Blüten sind lediglich 1 bis 2 cm groß und öffnen sich nicht vollständig. Sie bilden kleine »Höhlen«, die wie der Schlund eines Mini-Monsters aussehen, und duften nicht. Die Grundfarbe der Blüten von Scaphosepalum rapax ist gelb. Je nach Pflanze ist dieses Gelb mit dunklen rotbraunen Punkten besetzt oder fast vollständig rotbraun überfärbt.
Scaphosepalum rapax – Einzelblüte
(Foto: Thomas Jacob)
Habitus von Scaphosepalum rapax
(Foto: Thomas Jacob)
Ich kultiviere meine Scaphosepalen getopft in mineralischem Substrat, meist Lavagranulat in der Körnung 2 – 8 mm. Auch aufgebunden ist natürlich möglich, dann sollte auf hohe Luftfeuchtigkeit geachtet werden, z. B. in einer Orchideenvitrine, damit die feinen Wurzeln nicht austrocknen. Auch dürfen sie niemals dauerhaft abtrocknen, da die Pflanzen keine Speicherorgane wie Pseudobulben besitzen. Der Topf steht das ganze Jahr über in einem mit Wasser gefüllten Untersetzer. Der mineralische Pflanzstoff saugt sich somit immer gleichmäßig feucht und trocknet nicht aus. Zwischen den einzelnen Substratteilchen entstehen kleine Lufträume, die eine gute Belüftung der Wurzeln gewährleisten. Der größte Vorteil von mineralischem Substrat ist, dass sich die Bestandteile nicht zersetzen, was bei Rinde oder Moos in Verbindung mit Dauerfeuchtigkeit oft schnell passiert. Umgetopft werden muss also erst, wenn der Topf zu klein wird. Bei Pflanzen, die in organischem Substrat getopft waren, hatte ich mit gelegentlichem Tauchen keinen Erfolg, weshalb ich inzwischen alle Pleurothallidinae auf mineralisches Substrat umgestellt habe. Natürlich ist es aber auch möglich, Scaphosepalum rapax in anderen Pflanzstoffen zu kultivieren. Man sollte immer das Substrat wählen, mit dem man gut zurechtkommt und das zu den eigenen Gießgewohnheiten passt.
Das Gießwasser, mit dem ich den Untersetzer auffülle, hat eine Leitfähigkeit von ca.150 µS/cm. Von März bis in den frühen Herbst wird 1 – 2 Mal im Monat mit auf etwa 300 µS/cm eingestelltem Wasser gedüngt. Gelegentlich wird der Topf mit klarem Wasser durchgespült, um ein Versalzen des Pflanzstoffes zu verhindern. Tut man das nicht, reichern sich im Laufe der Zeit zu viele Salze (Düngerreste) im Topf an, die dann die feinen Wurzeln schädigen könnten. Im Winter dünge ich nicht. Scaphosepalum rapax steht ganzjährig an einem Fenster, das nach Westen ausgerichtet ist. Der Raum wird im Winter leicht beheizt. Die nächtlichen Temperaturen fallen nie unter 15 °C. Tagsüber klettert das Thermometer auf 20 – 22 °C.
Während im Sommer sehr darauf geachtet werden muss, dass die Blätter vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt sind, darf in den Wintermonaten von November bis Mitte Februar das Sonnenlicht ungehindert auf die Pflanze fallen – besonders oft scheint die Sonne im Winter ja ohnehin nicht. Ab Ende Februar/Anfang März wird die Sonnenstrahlung allerdings schon wieder so stark, dass es schnell zu Verbrennungen auf den Blättern kommen kann. Diese Verbrennungen sind dauerhaft und lassen sich nicht behandeln. Deshalb muss ab Mitte Februar zwingend schattiert werden, sofern die Pflanze nicht an einem Nordfenster steht.
Die Blüten von Scaphosepalum rapax erinnern mich immer an den Kopf eines Dinosauriers, der gerade zuschnappt!
Viel Erfolg beim Kultiveren!
Größenvergleich der Blüte von Scaphosepalum rapax mit meinem Zeigefinger
(Foto: Thomas Jacob)