Lepanthes telipogoniflora – Supermakroaufnahme der Einzelblüte
(Foto: Fabian Kulka)
Vor noch gar nicht allzu langer Zeit, im Jahre 1996, wurde diese knallorangefarbene Naturform von Schuit. & A. de Wilde erstmalig beschrieben. Beheimatet ist Lepanthes telipogoniflora in Risaralda / Kolumbien, wo sie epiphytisch in Höhenlagen um die 500 Meter über dem Meeresspiegel wächst. Das Klima an diesem Standort ist ganzjährig warm bis heiß mit häufigen Niederschlägen und einer sehr hohen Luftfeuchtigkeit. Wie bei allen Lepanthes bilden sich ständig neue Triebe, die jeweils ein einzelnes kleines Blatt an einem recht kurzen Stiel hervorbringen. Sobald das Blatt ausgewachsen ist bildet sich ein Blütentrieb aus, der am Blattansatz entspringt. Lepanthes telipogoniflora sind sogenannte Revolverblüher, das heißt, dass sich am Blütentrieb zwar immer nur eine Blüte geöffnet zeigt, aber dass nach dem Verblühen eine neue am gleichen Trieb nachkommt. Dieser Vorgang wiederholt sich mehrmals, sodass Lepanthes telipogoniflora über viele Wochen, manchmal Monate, blühen. Diese Naturform ist eine wirkliche Miniaturorchidee, denn die Blätter und der Blattstiel sind gerade einmal 1 bis 2 cm lang. Trotz der geringen Größe des Habitus werden die Blüten verhältnismäßig groß. Sie haben einen Durchmesser von 1,5 bis 2 cm und ähneln kleinen orangefarbenen Satellitenschüsseln.
Blütendetails von Lepanthes telipogoniflora – die Fotos wurden durch sogenanntes Stacking gemacht. Diese Art der Makrofotografie ermöglicht sehr genaue Abbildungen von winzigen Details.
(Foto: Fabian Kulka)
Seitenansicht der Blüte von Lepanthes telipogoniflora, die wegen ihres Aussehens auch »Satellitenschüssel« genannt wird
(Foto: Fabian Kulka)
Genauso wie bei Platystele umbellata, die wir bereits vorgestellt haben, gibt es hier zwei grundsätzliche Möglichkeiten der Kultur. Entweder aufgebunden auf Kork, Rinde oder ähnlichen, zum Aufbinden geeigneten Materialen, oder aufgesetzt auf Sphagnum in einer Glaskugel. Bei ersterer Variante ist es zwingend nötig, Lepanthes in ein Terrarium zu setzen, da sie im Allgemeinen eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit braucht und niemals austrocknen darf. Bereits nach ein paar Stunden totaler Trockenheit stirbt sie ab und ist nicht mehr zu retten. Neben hoher Luftfeuchtigkeit ist Luftbewegung ein weiterer wichtiger Punkt für die erfolgreiche Kultur von Lep. telipogoniflora. In einem geschlossenen Terrarium ist es also sehr wichtig mit kleinen Ventilatoren für genügend Luftbewegung zu sorgen. Wenn man sie in einer Glaskugel mit seitlicher Öffnung kultiviert, braucht man keinen Ventilator, denn die Öffnung lässt genug Luftbewegung zu. Allerdings darf diese nicht zu groß sein, da sich sonst nicht genug Luftfeuchtigkeit in der Kugel hält. Eine Kugel mit 8 bis 10 cm Größe hat in der Regel auch die richtige Öffnung, um beide Kriterien gut zu erfüllen – Luftfeuchtigkeit und Luftbewegung.
Wie bei allen Miniaturorchideen mit feinen Wurzeln, die so dünn wie Nähgarn sind, entscheidet die Wasserqualität zusätzlich über den Kulturerfolg oder den Tod der Pflanze. Es muss zwingend eine salzarme Variante gewählt werden. Am besten eignen sich Regenwasser oder ganz leicht aufgedüngtes, entmineralisiertes Wasser (Osmose- oder destilliertes Wasser). Ich achte bei all meinen Lepanthes darauf, dass die Leitfähigkeit des Wassers 30 bis 35 Mikrosiemens nicht übersteigt. Lediglich zwei bis drei Mal über den Sommer verteilt wird mit ca. 80 Mikrosiemens gedüngt.
Lepanthes telipogoniflora ‘Regina’ erhielt die Goldmedaille für den hervorragenden Kulturzustand
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)
Detailanischt von Lepanthes telipogoniflora
(Foto: Fabian Kulka)
Da ich (noch) kein Terrarium für meine Miniaturen besitze, kultiviere ich Lepanthes teliogoniflora auch in einer Glaskugel zum Aufhängen. Zuerst befüllt man das Untere der Kugel mit etwas lebendem – nicht getrocknetem und gepresstem – Sphagnum. Mit einer Pinzette wird anschließend die Pflanze mittig auf das Moos gesetzt. Abschließend bedeckt man die Wurzeln noch mit etwas zusätzlichem Moos. Danach gieße ich etwas Wasser in die Kugel, sodass eine kleine Pfütze in der Kugel entsteht. Ab hier muss man nur noch darauf achten, dass diese kleine Pfütze immer vorhanden ist und nie ganz austrocknet. Im Laufe der Zeit – wenn man alles richtig macht – wächst auch das Sphagnum weiter und überwuchert eventuell die Pflanze. Darum ist es notwendig gelegentlich mit einer Pinzette und einer kleinen Schere das wachsende Moos etwas zu kürzen, bevor die Pflanze komplett vom Sphagnum aufgefressen wird. Grundsätzlich ist das Mooswachstum aber ein guter Indikator dafür, dass man alles richtig macht. Denn auch das Moos mag es dauerfeucht und warm.
Der Lichtbedarf von Lepanthes ist nicht sonderlich hoch, da sie in der Natur meist auf Bäumen zu finden sind, auf denen sie durch das immergrüne Laub der Bäume ganzjährig geschützt sind. Besonders bei der Kultur in einer Glaskugel sollte man unbedingt darauf achten, dass die Kugel nicht der Mittagssonne ausgesetzt wird. Selbst im diesjährigen Winter hätte mich das fast mein kleines „Satellitenschüsselchen“ gekostet, da sich durch die Mittagssonne die Luft in der Kugel zu sehr aufgeheizt hat und Teile der Blätter verbrannte.
Alles in Allem ist es aber ein unkomplizierter und blühfreudiger Kandidat, der gut geeignet ist, um mit Miniaturorchideen Erfahrungen zu sammeln. Bei mir war Lepanthes telipogoniflora auch die erste Miniatur, die ich heute noch besitze.
Ebenfalls ein in einer Glaskugel kultivierter Klon von Lepanthes telepogoniflora
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)