Cynorkis angustipetala

Cynorkis angustipetala

Cynorkis angustipetala
(Foto: Werner Holzmann)

Autor/in: Thomas Jacob / Werner Holzmann
Veröffentlicht: 06.01.2020
Synonyme:
Cynorkis guttata

Im Jahr 1885 veröffentlichte der britische Botaniker Henry Nicholas RIDLEY die Erstbeschreibung von Cynorkis angustipetala in „Journal of the Linnean Society. Botany“. In „World Checklist of Selected Plant Families“ (WCSP) wird der Artname bis heute als offizielle Bezeichnung geführt. Sowohl im Handel wie auch in weiten Teilen der aktuellen Fachliteratur findet allerdings sehr oft der Name guttata Verwendung, den Johan HERMANS und Phillip James CRIBB in einem Artikel in „Orchid Review“ im Jahr 2007 einführten. In manchen Quellen wird angegeben, dass es sich um zwei unterschiedliche Arten handeln soll. Andere Experten sind der Meinung, dass es eine Art ist. Da wir uns als Deutsche Orchideen-Gesellschaft darauf verständigt haben, die von Govaerts et al in der WCSP anerkannten Gattungs- und Artnamen zu benutzen, stellen wir euch die heutige Orchidee der Woche als Cynorkis angustipetala vor. Erworben wurde die Pflanze allerdings als Cynorkis guttata.

Die Art ist auf Madagaskar endemisch. Sie kommt dort meist terrestrisch in offenen feuchten Wäldern, auf Wiesen und in Sumpfgebieten vor. Ganz selten wächst sie auch epiphytisch. Egal wie der Standort genau aussieht, die Böden, auf denen Cynorkis angustipetala siedelt, sind immer sehr torfhaltig. Während es in den Sommermonaten viel Niederschlag gibt und das Habitat niemals abtrocknet, fällt in den Wintermonaten kaum Regen. Von November bis April ist das Klima richtig heiß. In den Wintermonaten Mai bis Oktober (Madagaskar liegt ja auf der Südhalbkugel) ist es zwar etwas kühler, aber noch immer warm.

Cynorkis ist eng verwandt mit Habenaria, unterscheidet sich aber durch den Zeitpunkt der Blüte. Nachdem die Knolle von Cynorkis angustipetala eine trockene Winterruhe unter der Erde verbracht hat, schiebt sie zeitgleich mit dem Neutrieb die Infloreszenz aus dem Boden. Erst nach dem Abblühen wächst der Neutrieb heran und bildet ein einzelnes bis zu 30 cm langes Blatt aus, das von einem kurzen Stiel getragen wird. Die Blätter sind hellgrün, glänzend und bleiben am Ansatz leicht zusammengerollt. Im Herbst zieht die Knolle das Blatt ein und geht wieder in die trockene, aber warme Ruhephase. Die Infloreszenzen tragen mehrere Blüten, die kreisförmig angeordnet sind. Wenn sie aufblühen sind sie weiß mit einem violettroten Fleck in der Mitte des Labellums. Im Laufe der Blütezeit färben sie sich blassviolett. Die Lippe ist der auffälligste Teil der Blüte. Sie spaltet sich in vier längliche Bereiche. Die Petalen sind kurz – worauf der Artenname angustipetala schon hinweist – und etwas nach hinten geneigt. Das dorsale Sepalum sitzt helmartig über den Geschlechtsorganen.

Cynorkis angustipetala

Die Infloreszenzen von Cynorkis angustipetala erscheinen bereits am sehr jungen Neutrieb
(Foto: Werner Holzmann)

Cynorkis angustipetala

Der Austrieb erscheint im Frühjahr nach der Winterruhe
(Foto: Werner Holzmann)

Kultviert werden kann Cynorkis angustipetala wie die bereits vorgestellten Arten der Gattung Habenaria. Im Folgenden beschreibe ich euch die Kulturmethode von unserem „Orchideendoktor“ Werner Holzmann:

Im Januar, während sich die Knollen noch in ihrer trockenen, aber warmen Winterruhe befinden, topft er sie in frisches Substrat. Er nimmt dafür feine Rinde, feines Tongranulat und Bimskies. Sollte an der Knolle schon ein kleiner Neutrieb zu sehen sein, muss man sehr aufpassen, dass man diesen nicht verletzt. Schädigt man ihn zu sehr oder bricht in gar ab, besteht die Gefahr, dass kein weiterer Trieb gebildet wird und die Pflanze abstirbt. Es ist auch wichtig, den Neutrieb nach oben zu richten, damit er nicht ins Substrat hineinwächst, sondern den Weg ans Licht schnell und ohne Kraftaufwand findet.

Mit dem ersten Austrieb, der bereits die Infloreszenz mit sich bringt, gibt Werner Holzmann langsam und sehr vorsichtig erste kleine Wassergaben. Aber noch sollte das Substrat nicht komplett feucht oder gar nass gehalten werden, da die Knolle sonst wegfaulen könnte. Zartes Gießen am Topfrand reicht in dieser Zeit völlig aus. Erst wenn das neue Blatt deutlich zu wachsen beginnt, kann stärker gegossen werden. Das Substrat sollte dann komplett durchfeuchtet sein und während der gesamten Wachstumsperiode auch nicht mehr ganz austrocknen. Am natürlichen Standort ist das die Regenzeit, in der es 15-20 Tage im Monat Niederschlag gibt.

Gedüngt wird nur in schwacher Konzentration und nur während der Wachstumsperiode. Da die Pflanze über den Winter komplett trocken steht und kein Wasser erhält, gibt es in dieser Zeit natürlich auch keinen Dünger.

Die Pflanze von Werner Holzmann steht an einem sehr hellen Fenster mit Südausrichtung, das allerdings durch einen darüber liegenden Balkon schattiert wird, sodass lediglich die sehr tief stehende Morgen- und Abendsonne etwas auf die Pflanze fällt. Auch im Winter bleibt sie an diesem warmen Platz stehen. Auf keinen Fall sollte die starke Mittagssonne im Sommer auf die Blätter scheinen, da diese sonst regelrecht verbrennen würden. Die Naturstandorte von Cynorkis angustipetala liegen auch in eher schattigen Bereichen der Wälder, Wiesen und Moore Madagaskars.

Im Hochsommer, zwischen August und September, sollte der Neutrieb von Cynorkis angustipetala ausgereift sein. Danach wird das Wässern langsam reduziert. Wenn die Blätter anfangen einzuziehen und sich braun verfärben, wird das Gießen komplett eingestellt und die Pflanze beginnt damit ihre Ruhephase, die bis zum Neuaustrieb im zeitigen Frühjahr dauert.

Mit einem Substratwechsel am Anfang des Folgejahres beginnt der Zyklus für die Pflanze – und die Kultur – von Neuem. Im Laufe der Jahre bildet die Knolle von Cynorkis angustipetala Nebenknollen, durch die sie sich ausbreitet und vermehrt. Man kann die Knollen zusammen topfen oder auch vereinzeln.

Durch ihre wirklich imposanten Blüten und deren kreisförmige Anordnung ist Cynorkis angustipetala ein echter Blickfang im zeitigen Frühjahr. Viel Erfolg beim Kultivieren!

Cynorkis angustipetala

Seitenansicht der Blüte von Cynorkis angustipetala
(Foto: Werner Holzmann)