Chysis Sedenii
(Foto: Inge Nell)
Harry James VEITCH, der die renommierte Baumschule und Gärtnerei „James Veitch and Sons“ in London bereits in dritter Generation führte, meldete im Jahr 1880 die Kreuzung aus Chysis bractescens und Chysis limminghei als Chysis Sedenii bei der Royal Horticultural Society (RHS) an, woraufhin sie in das dortige Orchideenregister eingetragen wurde. Da Harry VEITCH ein wichtiger Mitbegründer der Chelsea Flower Show war, die noch heute stattfindet, wurde er in den Ritterstand erhoben und durfte sich fortan Sir Harry James VEITCH nennen. Bei alten Hybriden aus dem 19. Jahrhundert ist der Name Sedenii sehr häufig. Was er bedeutet und warum viele Hybriden aus verschiedenen Gattungen so benannt wurden, kann ich leider nicht sagen. Wie schon erwähnt sind an der Primärhybride lediglich zwei Naturformen beteiligt:
- 50% Chysis limminghei
- 50% Chysis bractescens
Chysis limminghei ist heimisch von Mexiko bis ins nördliche Guatemala. Man findet sie ausschließlich an Standorten, die in etwa auf Meereshöhe liegen. Die Temperaturen dort sind ganzjährig warm, auch nachts fallen sie nur selten unter 18 Grad, während sie tagsüber durchaus auf über 40 Grad steigen können. Im Sommer herrscht Regenzeit mit fast täglich vielen kurzen, aber heftigen Schauern. Die Winter dagegen sind trocken mit wenig bis gar keinem Niederschlag. Chysis limminghei wächst epiphytisch auf Bäumen und Sträuchern. Die Blüten sind weiß mit rosafarbenen und gelben Akzenten an den Tepalen und dem Labellum.
Chysis bractescens kommt in Mexiko, Guatemala, Belize, El Salvador, Honduras und Nicaragua vor und wächst dort meist epiphytisch auf Bäumen, selten auch lithophytisch auf kalkhaltigem Felsen. Die Standorte liegen auf Höhen zwischen 800 und 1500 Metern über dem Meeresspiegel und sind somit, besonders nachts, etwas kühler als die Standorte von Chysis limminghei. Auch hier sind die Winter trocken. Die Blüten sind weiß mit einem gelben Labellum.
Chysis bractescens in ein Elternteil der Primärhybride und ist somit zu 50% am Genpool von Chysis Sedenii beteiligt
(Foto: Werner Holzmann)
50% der Gene erhält Chysis Sedenii von Chysis limminghei, die wir bereits als “Orchidee der Woche” vorgestellt haben
(Foto: Werner Holzmann)
Im Frühjahr, nach der trockenen Winterruhe, erscheinen bei Chysis Sedenii die Neutriebe, aus denen in sehr frühem Stadium schon die Blütentriebe wachsen. Diese werden bis zu 30 cm lang und tragen mehrere wachsartige Blüten, die fast so aussehen, als seien sie aus Porzellan. Die weißen Blüten, die leicht rosafarben überhaucht sind, duften und halten sehr lange. Die Seitenlappen der Lippe sind leuchtend gelb. Der Neutrieb wird bis zu 45 cm lang und trägt im oberen Bereich der spindelförmigen Pseudobulbe sechs bis zwölf Blätter, die spitz zulaufend, papierartig dünn und an den zahlreich sichtbaren Längsnerven gefaltet sind. Nach der Vegetationsperiode werden sie meistens abgeworfen und die nackte Pseudobulbe geht wieder in eine trockene Winterruhe. Es kommt aber auch vor, dass das Laub der Altbulben nicht abgeworfen wird. Im zeitigen Frühjahr beginnt dann wieder ein Neutrieb zu wachsen.
Im Folgenden beschreibe ich die Kultur von Inge Nell, die im Grunde der von Werner Holzmann, die ich im Beitrag zu Chysis limminghei vorstellte, sehr ähnlich ist. Auch Werner Holzmann kultiviert Chysis Sedenii unter denselben Bedingungen wie seine Chysis limminghei.
Auch Inge Nells Pflanze steht ganzjährig an einem halbschattigen Platz ihres nach Süden ausgerichteten Fensters. Die Pflanzen möchten es zwar sehr hell haben, allerdings keine direkte Sonneneinstrahlung. Ganz besonders im Sommer zur Mittagszeit würden die dünnen Blätter sonst sehr schnell verbrennen. Im Winter verträgt die Pflanze auch direktes Sonnenlicht, allerdings ist das aufgrund der dann währenden Ruhephase nicht zwingend nötig.
Die Temperaturen sind ganzjährig warm bis heiß. Die nächtlichen Temperaturen fallen auch im Winter nicht unter 16 Grad.
Während des Wachstums, vom zeitigen Frühjahr bis in den Herbst, wird regelmäßig gegossen. Das Substrat sollte in dieser Zeit immer feucht bleiben. An den Naturstandorten der Elternpflanzen herrscht dann Regenzeit mit fast täglichen Niederschlägen. Regelmäßige Düngergaben sind während der Vegetationsperiode sehr wichtig, da die Pflanze sehr schnell und viel wachsen muss. Inge Nell düngt regelmäßig mit einem Dünger in Pulver-Form, der sowohl Calcium als auch Magnesium enthält, in angegebener Dosis. Viele Flüssigdünger enthalten kein Calcium und Magnesium oder nur einen der beiden Stoffe. Beide sind aber für ein gesundes Wachstum der Pflanzen sehr wichtig.
Habitus von Chysis Sedenii
(Foto: Inge Nell)
Chysis Sedenii – die Färbung ist weniger intensiv als beim Elternteil Chysis limminghei. Sonst unterscheidet sie sich eigentlich nicht.
(Foto: Werner Holzmann)
Nach Triebabschluss wird das Gießen langsam verringert. Wie Werner Holzmann auch, hat Inge Nell die Erfahrung gemacht, dass die Pflanzen mit gelegentlichen Wassergaben im Winter besser wachsen und blühen. Sie verringert die Wassergaben zwar – lässt den Topf auch mal gut abtrocknen – aber alle 7-10 Tage gibt es etwas Wasser für Chysis Sedenii, da sie ihr Laub auch immer erst im nachfolgenden Sommer abwirft. Wenn im Frühjahr der Neutrieb erscheint und erste Wurzeln gebildet werden, wird wieder normal gegossen und das Substrat dauerfeucht gehalten. Zeitgleich mit dem Neutrieb erscheinen dann auch wieder die Infloreszenzen.
Auch Inge Nell hat ihre Pflanze in Rinde getopft und damit gute Erfahrungen gemacht.
Optisch unterscheidet sich Chysis Sedenii kaum von Chysis limminghei. Die farblichen Akzente an den Tepalen sind lediglich ein bisschen weniger intensiv gefärbt bei der Hybride.
Die porzellanartigen Blüten sind ein echtes Highlight – die Kultur ist sehr unkompliziert. Ich werde mir auf jeden Fall eine mitnehmen, wenn sie mir mal angeboten wird. Viel Erfolg beim Kultivieren!
Seitenansicht der Blüten von Chysis Sedenii
(Foto: Inge Nell)
Die Infloreszenz von Chysis Sedenii mit zahlreichen Blüten
(Foto: Inge Nell)