Phragmipedium Wössner Rubin ‘Mike’ CV/GO-SFO
(Foto: Thomas Jacob)
Wie der Name Phragmipedium Wössner Rubin schon verrät, stammt die Kreuzung aus der Orchideenzucht von Franz Glanz aus Unterwössen. Es handelt sich dabei um eine recht junge Hybride, die erst im Jahr 2017 in das Register der Royal Horticultural Society (RHS) eingetragen wurde. Dort angemeldet wurde sie von Olaf Gruß, der ein langjähriger Freund und Weggefährte von Franz Glanz ist und zahlreiche Bücher, Erstbeschreibungen und Publikationen rund um das Thema Orchideen veröffentlicht hat und regelmäßig Vorträge rund um den Globus hält.
Auch wenn nicht alle Pflanzen der Aussaat rubinrot gefärbt sind, wurde der Name wegen der roten Färbung der ersten Blüte gewählt. Bei der Orchideenausstellung “Orchideen und Wein“ im Jahr 2019 in Niedernhausen präsentierte Franz Glanz eine dieser rubinrot gefärbten Blüten von Phragmipedium Wössner Rubin in seinem Schaustand. Zwar hatte die Fahne der damaligen Blüten nicht die allerbeste Haltung, mit ihrer intensiven Färbung und der gleichmäßigen runden Form konnten sie aber doch beeindrucken (siehe Foto).
Die Eltern von Pragmipedium Wössner Rubin sind die Hybriden Phragmipedium Hanne Popow und Phragmipedium Peruflora’s Cirila Alca. Der Genpool der heute vorgestellten Kreuzung setzt sich demnach wie folgt zusammen:
- 25% Phragmipedium kovachii
- 25% Phragmipedium dalessandroi
- 25% Phragmipedium schlimii
- 25% Phragmipedium besseae
Phragmipedium Wössner Rubin zusammen mit dem Elternteil Phragmipedium Peruflora‘s Cirila Alca
(Foto: Thomas Jacob)
Phragmipedium Wössner Rubin mit der namensgebenden rubinroten Färbung, die von Franz Glanz in Niedernhausen präsentiert wurde.
(Foto: Thomas Jacob)
Als ich Franz Glanz im Sommer 2020 in seiner Orchideengärtnerei besuchte, bekam ich die Möglichkeit eine der wenigen Pflanzen, die die Aussaat hervorgebracht hatte, zu erwerben. Die Infloreszenz, die sie damals schon angesetzt hatte, wuchs durch die Umstellung leider nicht weiter und trocknete ein. Umso mehr freute ich mich, als die Pflanze auch in diesem Herbst einen Blütentrieb bildete, der vor einigen Wochen zur Blüte kam und eine wohlgeformte pinkfarbene Blüte mit besonders guter Symmetrie hervorbrachte. Da ich von der Blüte absolut begeistert war, meldete ich sie zur Onlinebewertung der italienischen Orchideen-Gesellschaft Società Felsinea di Orchidofilia (SFO) an, bei der jeder Orchideenfreund weltweit herzlich eingeladen ist teilzunehmen. Auch die dortigen Juroren fanden die Blüte meines Phragmipedium Wössner Rubin äußerst ansprechend und zeichneten sie mit einem Certificate of Value (79 Punkte) aus. Das dortige Bewertungssystem ist an das der American Orchid Society angelehnt und speziell für die Onlinebewertung nochmals etwas angepasst worden.
Inzwischen blüht Phragmipedium Wössner Rubin bei mir mit der dritten Blüte, die eine noch bessere Form und Haltung hat als die erste. Leider gibt es dafür an der rechten Petale einen kleinen Farbfehler, der mich persönlich sehr stört – auch wenn das Jammern auf sehr hohem Niveau ist. Die Pflanze hat auf jeden Fall sehr großes Potential, da bei Phragmipedien die Blüten mit dem Alter oft noch besser werden. Ich bin also jetzt schon sehr gespannt auf die Blüten im nächsten Jahr (und auch auf die von einer zweiten Pflanze, die ich ebenfalls in meiner Kultur habe….).
Da Phragmipedien viel Feuchtigkeit brauchen, sollten sie stets in einer mit Wasser gefüllten Schale stehen. Besonders im Sommer darf das Substrat auch richtig nass sein. Zu viel Wasser ist bei Phragmipedien fast nicht möglich. Nur gelegentlich sollte die Schale ganz abtrocknen, damit sich keine unerwünschten Bakterien im Wasser ausbreiten können. Meine Pflanzen stehen in großen Wannen, die ich alle paar Tage mit frischem Wasser fülle, sobald das alte aufgesogen ist. Im Sommer sind die Schalen alle 3 – 4 Tage leer, im Winter dauert es 6 – 7 Tage. Oft ist zu lesen, dass Phragmipedien sehr salzempfindlich sind und bei zu hohen Düngergaben braune Blattspitzen bekommen. Für einige Naturformen und Primärhybriden trifft es auch zu, dass die Wurzeln bei zu vielen Salzen verbrennen und absterben. Allerdings gibt es einige Arten und daher auch Hybriden, die wesentlich besser wachsen und blühen, wenn sie etwas mehr Dünger bekommen. Braune Blattspitzen haben meinen Pflanzen nicht mehr, seit ich einen Dünger verwende, der sowohl Calcium als auch Magnesium enthält und den ich auch höher dosiere als früher. Meiner Erfahrung nach sind die braunen Blattspitzen eher auf einen Mangel an Calcium und Magnesium und nicht auf zu hohe Düngergaben zurückzuführen. Im Sommer erhalten meine Phragmipedium-Hybriden zwischen 350 und 450 µS/cm bei jedem zweiten bis dritten Wässern. Nur im Winter stelle ich das Düngen ganz ein. Die angereicherten Salze im Substrat genügen den Pflanzen, um durch die dunkle Jahreszeit zu kommen.
Habitus von Phragmipedium Wössner Rubin
(Foto: Thomas Jacob)
Phragmipedium Wössner Rubin ‘Wössen’ SM/D.O.G. – fotografiert bei der Tischbewertung in Nürnberg
(Foto: Thomas Jacob)
Mein Standard-Phragmipedium-Substrat ist eine Mischung aus Rinde, Perlite, Bimskies und Holzkohle. Die Körnung der Rinde passe ich an die Topfgröße an. Bei kleinen Töpfen nehme ich feinere Rinde, bei großen Töpfen gerne gröbere. Perlite verwende ich in der Körnung 2 – 4 Millimeter. Durch ihr geringes Gewicht machen sie das Substrat locker und sorgen für eine gute Belüftung der Wurzeln. Der Bimskies versorgt die Pflanzen zusätzlich mit Calcium, da er diesen durch die andauernde Feuchtigkeit freigibt. Die Körnung spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Ich nutze gerne 5 – 10 Millimeter. Um einige trockenere Stellen im Pflanzstoff zu schaffen, füge ich immer Holzkohle in einer Körnung von 7 – 14 Millimeter hinzu. Die Holzkohle saugt sich nicht mit Wasser voll und bleibt trocken. Durch die etwas gröberen Brocken entstehen zusätzlich ein paar Luftlöcher im Substrat, die eine Luftzirkulation im Topf zulassen.
Natürlich gibt es auch einige andere Substrate, die gut für Phragmipedium geeignet sind. Jedes hat seine eigenen Vor- und Nachteile. Der größte Nachteil von Rinde ist, dass sie regelmäßig gewechselt werden muss, da sie durch die Dauerfeuchte sehr schnell zerfällt. Mineralische Substrate zerfallen nicht und müssen daher nicht so oft gewechselt werden. Jeder sollte da seine eigenen Erfahrungen machen und ausprobieren, was zu seiner Kultur am besten passt. Außer mit meinem Standardsubstrat habe ich auch gute Erfahrungen gemacht mit:
- Akadama
- Sphagnum-Moos
- Steinwollwürfeln
- Bimskies
- Lavagranulat
Im Sommer stehen Phragmipedien gerne im Freien, da sie Frischluft und Luftbewegung wirklich lieben. Ein Muss ist dies aber nicht. Auch eine ganzjährige Kultur in der Wohnung ist möglich, wenn regelmäßig gelüftet wird. Steht die Luft zu lange, bilden sich am Ansatz der Triebe leicht Pilze, die unbehandelt die ganze Pflanze vernichten können. Die hohen Temperaturen im Sommer vertragen meine Pflanzen allesamt sehr gut, wenn die Luftfeuchtigkeit hoch ist. Dies erreiche ich durch die großen mit Wasser gefüllten Wannen, die reichlich Feuchtigkeit verdunsten. Ich benutze keinen zusätzlichen Nebler. Die nächtlichen Temperaturen liegen bei mir zwischen 14 und 18 °C, je nach Außentemperatur. An bewölkten Wintertagen liegen die Temperaturen am Tag bei etwa 24 °C. Wenn die Sonne auf das große Fenster scheint, steigen sie auch mal über 30 °C. Im Sommer sollte direkte Mittagssonne vermieden werden, da die Blätter sehr schnell verbrennen können. Es gibt einzelne Pflanzen, die nicht so empfindlich zu sein scheinen, allerdings wachsen alle Pflanzen nach meiner Erfahrung etwas schattiger besser. Auch die Blattfarbe ist bei schattiger Kultur dunkler und kräftiger. Bei zu wenig Licht werden die Blätter der Neutriebe länger und schmaler. Meist fällt dann auch die Blüte aus. Im Winter darf die Sonne auch mittags unschattiert auf die Pflanzen fallen.
Phragmipedium Wössner Rubin ist ein wirkliches Schmuckstück, das mir äußerst viel Freude bereitet.
Viel Erfolg beim Kultivieren!
Phragmipedium Wössner Rubin ‘Mike’ – die dritte Blüte der aktuellen Infloreszenz mit runderen Petalen
(Foto: Thomas Jacob)