Phragmipedium humboldtii
(Foto: Thomas Jacob)
Der polnische Botaniker Józef WARSZEWICZ Ritter von Rawicz und sein deutscher Kollege Heinrich Gustav REICHENBACH beschrieben die Art erstmalig unter dem Namen Cypripedium humboldtii in „Botanische Zeitung“ im Jahr 1852. Die beiden waren der Meinung, dass Phragmipedium humboldtii aufgrund des quergestellten zweilappigen Staminodiums mit borstigen Spitzen ganz klar von Phragmipedium caudatum abzugrenzen sei. Auch durch die dunkle gelbbraune Färbung der Blüten und den deutlich kompakteren Wuchs der Pflanzen lässt sich Phragmipedium humboldtii eindeutig von Phargmipedium caudatum unterscheiden. Nach etlichen Umgruppierungen durch diverse Autoren in den vergangenen 160 Jahren, die teilweise zu großen Missverständnissen führten, wurde die Art im Jahr 1999 von den amerikanischen Botanikern John Talmadge ATWOOD und Robert Louis DRESSLER als Phragmipedium humboldtii beschrieben. Laut World Checklist of Selected Plant Families (WCSP) der Kew Gardens in London ist das der bis heute anerkannte Name für diese Spezies. Im Jahr 2004 beschrieben Prof. Guido BRAEM, Sandy OHLUND und Robert Jan QUENÉ die Art unter dem Namen Phragmipdeium popowii neu. Dieser Artname findet in der Literatur häufig Verwendung, auch wenn er in der WSCP lediglich als Synonym für Phragmipedium humboldtii var. humboldtii geführt wird.
Die Art wächst meist epiphytisch oder lithophytisch, gelegentlich auch terrestrisch, in Guatemala, Panama, Nicaragua, Honduras, Costa Rica und im südwestlichen Mexiko. Man findet sie in immerfeuchten Wäldern, häufig auf umgefallenen Bäumen. Genaue Standortbeschreibungen mit Angaben zu klimatischen Gegebenheiten sind in der Literatur bisher leider nicht zu finden.
Die Pflanzen werden bis zu 50 cm hoch, wobei es auch deutlich kleinere Individuen gibt. An einem kurzen Stamm bilden sich 5 – 6 gegenständige Blätter, die bis zu 25 cm lang werden und sehr fest sind. Die Rückseiten der Blätter sind stark gekielt. Vom Frühjahr bis in den Sommer hinein erscheinen die endständigen Infloreszenzen, mit denen das Triebwachstum abgeschlossen ist. Der aufrechte Blütenstand wird bis zu 45 cm hoch, ist grün und flaumig behaart. An jeder Infloreszenz entstehen bis zu vier Blüten, die sich zwar nacheinander öffnen, aber für längere Zeit gleichzeitig blühen, ehe sie ziemlich zeitgleich verwelken. Die Sepalen sind gelbgrün gefärbt und haben eine starke Äderung. Petalen und Labellum sind teilweise rotbraun gefärbt. Die Petalen wachsen nach dem Öffnen der Blüte noch ein paar Tage weiter und erreichen eine Länge von ungefähr 50 cm. Die Blüten duften nicht.
Foto: Thomas Jacob
Phragmipedium humboldtii mit drei Blüten an einer Infloreszenz
Seitenansicht der ca. 50 cm langen Blüte von Phragmipedium humboldtii
(Foto: Thomas Jacob)
Die Kultur von Phragmipedium humboldtii – und allen anderen langpetaligen Phragmipedien aus der Sektion Phragmipedium – unterscheidet sich vor allem in den Wassergaben. Während die Phragmipedien aus den anderen Sektionen ganzjährig im Wasser stehen können, sollte Phragmipedium humbolditii, caudatum & Co zwischendurch gut antrocknen können. Besonders im Winter können die Wurzeln bei zu viel Nässe sehr schnell faulen. Im Sommer, wenn die Temperaturen sehr hoch sind und das Wachstum in vollem Gange ist, vertragen sie aber auch ein längeres Fußbad gut. Dies erklärt sich ganz einfach durch den oft epiphytischen Wuchs der Art. Im Sommer, wenn es am Naturstandort warm ist und viel Regen fällt, sind die Wurzeln auch mehr Feuchtigkeit bzw. Nässe ausgesetzt. Im Winter dagegen ist es etwas kühler und es fällt wesentlich weniger Regen. Somit haben die Wurzeln in den Wintermonaten die Möglichkeit anzutrocknen. Aus diesem Grund tauche ich mein Phragmipedium humboldtii von Oktober/November bis März/April lediglich und stelle es dann zurück in seinen Übertopf. Sollte sich noch eine kleine Pfütze im Topf bilden, lasse ich diese auch in den Wintermonaten stehen, da sie innerhalb von 1-2 Tagen komplett aufgesaugt wird. Erst wenn das Pflanzsubstrat gut angetrocknet, aber nicht total ausgetrocknet ist, wird wieder getaucht. In den Sommermonaten bekommt mein Phragmipedium humboldtii allerdings ebenfalls ein fast dauerhaftes Fußbad. Es steht dann – zusammen mit meinen anderen Phragmipedien – in großen Schalen, die ich mit 2-3 cm Wasser fülle. Wenn das Wasser aufgesogen und die Schale komplett trocken ist, fülle ich sie wieder auf. Das Substrat trocknet dadurch niemals aus.
Ab dem Frühjahr beginne ich langsam mit regelmäßigen Düngergaben. Ich beginne im März, wenn die Tage wieder länger werden, mit einer Düngerkonzentration von ca. 200 Mikrosiemens/cm. Diese Konzentration steigere ich langsam an, sodass ich in der heißen Sommerzeit bei ungefähr 350 – 450 Mikrosiemens/cm lande. Ab September wird dann wieder weniger gedüngt und ab November dünge ich gar nicht mehr. In der lichtarmen Jahreszeit genügen die Nährstoffe, die sich über den Sommer im Substrat angereichert haben, um die Pflanze gut durch den Winter zu bringen.
Als Substrat verwende ich mittelgrobe Rinde mit Perliten, Bimskies und Holzkohle. Rinde nimmt gut Wasser auf und speichert es einige Tage, um es dann wieder an die Pflanze abzugeben. Perlite lockern das Substrat durch ihr sehr geringes Eigengewicht etwas auf und haben zusätzlich die Eigenschaft, Wasser speichern und wieder abgeben zu können. Auch der Bimskies hat die Fähigkeit Wasser zu speichern und gibt zusätzlich etwas Kalk ab, der von der Pflanze für gesundes Wachstum und zur Blüteninduktion benötigt wird. Holzkohle verwende ich, da sie sich nicht mit Wasser vollsaugt und somit ein paar trockenere Bereiche im Substrat entstehen können. Mit dieser Mischung fahre ich seit vielen Jahren sehr gut. Natürlich ist auch eine Kultur in anderen Substraten möglich. Hier muss jeder das für sich passende Material finden, mit dem er gut zurechtkommt und das zu seinem Gießverhalten und den anderen Gegebenheiten im Kulturraum passt.
Phragmipedium humboldtii mag viel Licht, aber keine direkte Sonneneinstrahlung. Meine Pflanze steht ca. 1,5 Meter hinter einem sehr großen, schattierten Südfenster. Dort ist es zwar sehr hell, aber die Blätter bekommen keine direkte Sonne ab. In den Wintermonaten nehme ich die Schattierung allerdings ab. Hier gelangt, durch die tiefer stehende Sonne, auch direktes Sonnenlicht auf die Pflanze.
Die Temperatur in meinem Kulturraum ist im Winter temperiert/warm. Tagsüber, bei Sonnenschein, können die Temperauren auf 28 Grad steigen. Im Winter liegen sie meist bei 16-18 Grad. Im Sommer ist es bei uns ja inzwischen eher warm/heiß, aber auch das verträgt Phragmipedium humboldtii bisher sehr gut, solange es in dieser Zeit ausreichend Wasser erhält.
Meiner Meinung nach ist Phragmipedium humboldtii die am einfachsten zu kultivierende Art aus der Sektion Phragmipedium. Wer sich also an den langpetaligen Phragmipedien versuchen möchte, der sollte mit diesem anfangen. Durch die langen herabhängenden Petalen und die dunkle Färbung des Schuhs ist Phragmipedium humboldtii ein echter Hingucker! Viel Erfolg beim Kultivieren!
Phragmipedium humboldtii ‘Wössen’ – eine gut kultivierte Pflanze von Franz Glanz
(Foto: Olaf Gruß)