Cattleya perrinii ‘Vilbella’, Oktober 2020
(Foto: Monika Eckert)
Cattleya perrinii war schon einige Jahre in Europa in Kultur, bevor John Lindley sie 1838 in “Edwards’s Botanical Register“ beschrieb. Die ersten Pflanzen hatte er von Richard Harrison aus Liverpool erhalten, weshalb er sie nach dessen Gärtner Perrin benannte.
Als Lindley 1842 die bis dahin zehn bekannten Arten der Gattung Laelia, die allesamt aus Mexiko und Guatemala stammten, in “Edwards’s Botanical Register“ zusammenfasste, fügte er zur allgemeinen Verwunderung eine neue Art hinzu: Laelia perrinii. Sie war die erste Laelia aus Brasilien und wollte nicht nur von ihrer Herkunft, sondern auch vom Aussehen her so gar nicht zu allen anderen vorher beschriebenen Arten passen. Die einzige Übereinstimmung zwischen diesen unterschiedlichen Pflanzen war die Anzahl ihrer Pollinien – sie alle besaßen acht statt der bei Cattleya sonst üblichen vier. Erst seit anhand von Genanalysen Anfang des 21. Jahrhunderts die verwandtschaftlichen Verhältnisse geklärt wurden, wird die Art wieder unter ihrem ursprünglichen Namen geführt.
Besonders große, gut stehende Blüten von 15,5 cm Breite und 17 cm Höhe im Jahr 2020
(Foto: Monika Eckert)
Unvorteilhafter Wuchs bei Cattleya perrinii ‘Vilbella’ im Oktober 2020
(Foto: Monika Eckert)
Habitat
Cattleya perrinii ist in den Küstengebirgen der brasilianischen Bundesstaaten Rio de Janeiro und Espírito Santo – möglicherweise auch im angrenzenden Minas Gerais – verbreitet, wo sie helle, aber nicht vollsonnige Standorte in der Mata Atlântica* (Atlantischer Regenwald) in Höhenlagen von 500 bis 1 000 m besiedelt. Das Klima ist tropisch, mit häufigen, fast täglichen Regenfällen im Sommer und Temperaturen von ca. 25 – 30 °C, die auch nachts nicht sehr stark zurückgehen. Die Winter sind deutlich kühler und erreichen je nach Höhenlage nur 8 – 15 °C, die nächtlichen Tiefsttemperaturen können mancherorts sogar bis in Gefrierpunktnähe fallen, die Niederschlagsmenge ist sehr stark reduziert auf nur noch 10 – 50 mm im Monat.
Meine Kulturbedingungen
Mein Kulturraum ist ein 3 × 5 m großes Hobbygewächshaus, das mit der Breitseite nach Süden ausgerichtet und im Sommer zwischen 10 und 18 Uhr gnadenlos der Sonne ausgesetzt ist. Mithilfe praktischer Technik kann ich per Fernbedienung eine Schattiermatte von 60 % in ca. 20 cm Entfernung über das Dach und die Vorderwand ziehen lassen. Im Inneren sorgen verschiedene Ventilatoren für Luftbewegung und -austausch. Trotzdem steigen die Temperaturen im Hochsommer bis auf 38 °C, gleichzeitig sinkt die Luftfeuchtigkeit auf 25 % ab. Dies sind die sorglosen Zeiten, denn ich kann die Pflanzen nach Herzenslust morgens und abends tropfnass sprühen und regelmäßig tauchen, ohne mit Fäulnis rechnen zu müssen. Bei jedem zweiten Wässern wird direkt nach dem Tauchgang mit hoher Düngerkonzentration von ca. 700 – 800 µS gegossen. Zwischendurch lasse ich das Substrat aber immer wieder gut abtrocknen. Selbst ein völliges Austrocknen schadet hin und wieder nicht. Noch nie ist mir eine Pflanze vertrocknet, verfault aber leider schön öfter.
Im Winter liegen die Temperaturen nachts um 14 – 15 °C, tagsüber bei mindestens 18 °C. Wenn es draußen sehr kalt ist, sinkt auch die Luftfeuchtigkeit wieder stark ab. Dann befeuchte ich den warmen Fliesenboden, auf dem das Wasser schnell verdunstet. Gesprüht wird von Herbst bis Frühling nicht mehr. Auch das Tauchen stelle ich völlig ein und gieße stattdessen nur noch einmal in der Woche vorsichtig am Topfrand. Gedüngt wird auch nicht mehr, denn C. perrinii hat im Winter ihre Ruhephase.
Cattleya perrinii
(Foto: Monika Eckert)
Vier verschiedene Pflanzen von Cattleya perrinii im Oktober 2016, links der Kultivar ‘Vilbella’
(Foto: Monika Eckert)
Am problematischsten sind die Perioden im Herbst und Frühling, in denen es draußen regnerisch und nicht sehr kalt ist und deshalb die Heizung nicht läuft. Dann kann die Luftfeuchtigkeit im Gewächshaus auf 70 – 90 % ansteigen, was für viele brasilianische Cattleyen, auch für C. perrinii, viel zu feucht ist. Wenn die Pflanzen dann auch noch im Wurzelbereich zu nass sind, kommt es fast unweigerlich zu Fäulnis. Deshalb ist ein luftiges Substrat sehr wichtig. Ich verwende zu je einem Drittel feine Rinde, Bimskies mittlerer Körnung und handelsübliches Tongranulat. In Kombination mit Teichtöpfen und einer Drainage aus Styroporstücken wird so Staunässe zuverlässig verhindert. Außerdem ist dieser Pflanzstoff sehr lange stabil und es muss erst umgetopft werden, wenn die Pflanze über den Topfrand wächst. Da C. perrinii einen recht kompakten Wuchs mit nicht allzu langen Rhizomabschnitten zwischen den Pseudobulden hat, ist dies nicht so häufig notwendig. Beste Umtopfzeit ist, sobald die neuen Wurzeln erscheinen. Es sollten möglichst kleine Töpfe verwendet werden.
Offenbar kommen die Bedingungen in meinem Gewächshaus den Bedürfnissen von Cattleya perrinii entgegen. Meine vier Pflanzen wachsen gut und blühen regelmäßig, eine davon schon seit 17 Jahren. Allerdings habe ich bisher leider keine vieltriebigen Pflanzen kultivieren können, wie man sie gelegentlich im Internet zu sehen bekommt. Es wird meist nur ein einziger Neutrieb entwickelt. Eine Ausnahme gab es 2020, als eine der Pflanzen einen zweiten Trieb ausbildete, der allerdings sehr unvorteilhaft nach unten wuchs (siehe Abb.). Vermutlich hätte ich die Pflanze rechtzeitig umtopfen sollen. Nach einigen traurigen »Ausfällen« bei anderen Cattleyen bin ich aber auch damit eher zurückhaltend.
Wachstumszyklus
Cattleya perrinii beginnt im zeitigen Frühjahr mit dem Austrieb, wächst über den Sommer recht zügig heran und blüht bei mir immer im Oktober mit 1 – 3 Blüten. Ihre Farbe variiert von hell bis dunkler purpurn. Die in einer Spitze endende Lippe zeigt einen vom weißen Schlund scharf abgegrenzten sehr dunklen purpurfarbenen Rand bzw. Fleck. Es kommen auch weiße, semialba und bläuliche Farbformen vor. Die Blüten duften nur schwach und halten 7 – 10 Tage.
Cattleya perrinii kann sicher auch auf der Fensterbank erfolgreich kultiviert werden, wenn man ihr im Sommer ein leicht schattiges und vor zu viel Nässe geschütztes Plätzchen im Freien einrichten kann.
Cattleya perrinii ‘Vilbella’ wurde auf der Ausstellungsbewertung am 01. November 2019 in Niedernhausen mit einer Silbermedaille für Bot. Art ausgezeichnet.
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)
Cattleya perrinii f. alba
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)
Kulturhinweise:
- Cattleya perrinii fühlt sich im temperierten Bereich wohl, d. h. im Sommer bei ca. 18 – 30 °C, im Winter bei 13 – 18 °C.
- Sie verträgt im Sommer kurzzeitig Temperaturen bis 38 °C.
- Sie benötigt eine deutliche nächtliche Temperaturabsenkung.
- Sie benötigt/verlangt keine hohe Luftfeuchtigkeit.
- Im Sommer ist bei Fensterbankkultur ein Freilandaufenthalt mit nur leichter Beschattung vorteilhaft.
- Frischluft und Luftbewegung sind wichtig.
- Bei sommerlicher Wärme sollte reichlich gewässert und gedüngt werden.
- Im Winter äußerst zurückhaltend gießen, sehr hell kultivieren und nicht mehr düngen
- Das Substrat sollte luftig sein und schnell abtrocknen können.
- Vorzugsweise kleine Pflanzgefäße verwenden
Literatur:
Chadwick, A. A. & Chadwick, A. E. (2006): The Classic Cattleyas
Withner, C. L. (1990): The Cattleyas and Their Relatives, Vol. II. The Laelias
Internet:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mata_ Atlântica (2020)
*Die Mata Atlântica
ist eine tropisch/subtropische Vegetationsform, die sich an der Ostküste Brasiliens von Rio Grande do Norte bis Rio Grande do Sul, ins Innere des Kontinents bis Goiás, Mato Grosso do Sul und bis nach Argentinien und Paraguay erstreckt. 17 brasilianische Bundesstaaten waren einst mehr oder weniger von Mata Atlântica bedeckt.
Durch die Abholzung, die hauptsächlich im 20. Jahrhundert stattfand, wurde die Fläche um mehr als 90 % reduziert. Die Mata Atlântica ist heute einer der am stärksten bedrohten tropischen Wälder. Die Biodiversität ist eine der höchsten der Welt, höher als die des Amazonasbeckens, obwohl nur noch unzusammenhängende Reste existieren. Die Mata Atlântica bedeckte nicht nur die oft schmalen Küstenebenen, sondern insbesondere auch die steilen Abhänge des brasilianischen Hochlandes. So entstanden auf kleinstem Raum große Unterschiede in Vegetation und Tierwelt. Die steilen Abhänge sind die noch am besten erhaltenen Abschnitte des Waldes, sogar in der Nähe von Großstädten wie São Paulo oder Rio de Janeiro.
Blaue Farbform von Cattleya perrinii
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)
Cattleya perrinii ‘Vilbella’, Oktober 2020
(Foto: Deutsche Orchideen-Gesellschaft)